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Preview - Scorn : Ein Horror-Trip, als hätte ihn H.R. Giger persönlich entworfen

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Als Scorn im Jahr 2017 der Weltöffentlichkeit vorgeführt wurde, erregte es sofort Aufmerksamkeit durch seinen faszinierend-verstörenden Grafikstil, der sich ganz offenbar von der Kunst des Alien-Schöpfers H.R. Giger inspirieren ließ, sowie dessen technischer Qualität, die das Spiel zum (zeitexklusiven) Vorzeigetitel für die Xbox Series X|S (und PC) machen sollte und es zum Dauergast in unseren Top 10s vielversprechender Horrorspiele erklärte. Nach mehrmaligem Verschwinden in der Versenkung nähert sich Scorn nun der Fertigstellung für seinen Release am 21. Oktober. Wir konnten es auf der Gamescom knapp eine Stunde anspielen.

Genau genommen begann die turbulente (Entwicklungs-)Geschichte von Scorn schon lange bevor das Spiel mit seinem aufsehenerregenden Gameplay-Trailer 2017 in alle Munde geriet. Angekündigt wurde das Spiel der serbischen Indie-Entwickler Ebb Software bereits 2014. Das damals gezeigte Pre-Alpha-Material überzeugte aber anscheinend nur Wenige, denn die daran anknüpfende Kickstarter-Kampagne scheiterte. Nichtsdestotrotz setzten die Entwickler ihre Arbeit fort und beschlossen, das Spiel auf zwei Episoden zu verteilen, um die Produktion trotz fehlender Mittel sicherstellen zu können.

Das änderte sich, als ein privater Investor einstieg. Ebb Software konnte seine Kapazitäten ausbauen und die Qualität deutlich steigern. Eine zweite Kickstarter-Kampagne 2017 wurde zum Erfolg. Die beiden Episoden wurden wieder zu einem einzigen Spiel vereinigt. Eine Alpha-Demo, die wir bereits im Oktober 2017 spielen durften, überzeugte. Die Veröffentlichung war für 2018 geplant. Doch daraus wurde bekanntlich nichts. Scorn verschwand zwischenzeitlich in der Versenkung, tauchte aber 2020 auf einem Xbox-Showcase spektakulär wieder daraus auf. Nun sollte es als Exklusivtitel für die Xbox Series X|S deren volle Next-Gen-Power zur Schau stellen. Der Trailer dazu sah unverschämt gut aus. Nun ist es endlich soweit. Scorn steht in den Startlöchern für seinen Release am 31. Oktober. Auf der Gamescom konnten wir es ausführlich anspielen.

Xbox-exklusiver Next-Gen-Horror

In letzter Zeit herrschte ja wieder mal häufiger die Unsitte, dass Spiele im Trailer deutlich hübscher angepriesen wurden, als es dann im fertigen Spiel der Fall war. Insofern war ich erstmal angenehm überrascht, dass Scorn im ersten Moment genau so „fett“ aussieht, wie es in den Werbeclips den Anschein macht. Zumindest in der Zwischensequenz, mit der die Gamescom-Demo beginnt. Wenn die Kamera ganz nah an die Oberfläche der surrealen Skulpturen und monströsen Gerätschaften dieser bizarren Welt heranfährt und man jedes Detail, jeden Kratzer und jede Delle in der Oberfläche zu erkennen meint, die Entwickler geschickt Licht und Schatten einsetzen, um deren Abartigkeit zu betonen, dann wirkt das nicht weniger als höchst beeindruckend.

Wenn man dann selbst durch die Spielwelt streift, sie sozusagen in Reinform wahrnimmt und nicht mehr auf den maximalen ästhetischen Effekt ausgeleuchtet und filmisch geschickt inszeniert erfährt, relativiert sich dieser Eindruck leicht. Scorn sieht zweifelsfrei immer noch hervorragend aus, begeistert vor allem mit seinem Stil und der Atmosphäre, die dieser erzeugt, erst recht, wenn man bedenkt, dass dies alles das Werk eines verhältnismäßig kleinen Indie-Studios ist. Wer allerdings ein Flaggschiff-Spiel für die Potenz seiner Next-Gen-Konsole erwartet, sollte diese Erwartungen leicht zurückschrauben.

Generell könnte das Stichwort „Erwartungen“ als Motto diesen Vorschauartikel überschreiben. Wer Scorn bislang für seinen faszinierenden Grafikstil und die verstörende Horrorvision auf dem Zettel hat, sollte sich zunächst klar darüber werden, welche Art von Spiel sich dahinter eigentlich verbirgt. Scorn wird kein Action-Titel wie Resident Evil, auch kein psychologischer Horror-Trip wie Outlast oder In Sound Mind, die euch in ständige Anspannung versetzen und diese mit einem Jumpscare entladen. Stattdessen wird Scorn ein Rätselspiel in der Tradition von, sagen wir: Penumbra oder Myst, in dem ihr die Funktion merkwürdiger Maschinen verstehen müsst und sich der Horror nicht im Gruseln und Erschrecktwerden äußert, sondern aus dem morbiden Design und der abartig andersartigen Welt speist.

Ein Horror-Trip wie von H.R. Giger persönlich

Am Anfang der Demo erwachen wir als bizarr entstellte Kreatur, deren Körper gerade noch genug Fetzen von Fleisch am Leib hält, um nicht als Skelett bezeichnet zu werden. Wir befinden uns an einem surreal anmutenden Ort, ohne Kenntnis, was es damit auf sich hat und welche Aufgabe uns dort zuteil wird. Solcherlei Fragen sollen im Verlauf der Geschichte geklärt werden. Allerdings ist Scorn kein „story-driven“-Spiel. Die Mythologie dieser Welt und ihrer Kreaturen erschließt sich nicht durch Dialoge und Erklärungen, sondern durch genaues Hinsehen. Welche Schlüsse man daraus zieht und welche Interpretation man dem gibt, sei dem Spieler überlassen, so die Entwickler im Interview.

Die Welt und ihr Design ist denn auch das offensichtliche Aushängeschild von Scorn. Offenkundig ließen sich die Entwickler vom Schweizer Künstler H.R. Giger inspirieren, der schon so häufig die visuelle Vorlage für Videospiele lieferte, dass sein Stil mittlerweile fast zum eigenen Klischee geronnen scheint. Doch noch nie wurden seine Markenzeichen aus monströsen metallisch-organischen Hybridgebilden so konsequent und allumfänglich umgesetzt wie im Falle von Scorn.

Der Schauplatz von Scorn wirkt wie die weitergedachte Fortführung des Alien-Raumschiffes im ersten Teil der Filmserie, das dort nur in einer einzigen Szene am Anfang zum Auftritt kam, sich in Scorn aber zur gesamten Spielwelt auswächst. Organische Formen, die wie geschwungene Rohre wirken, Gerätschaften in bizarrer Fusion aus metallenen Knochen und fleischigen Armaturen, Anmutungen von Fratzen und unwohlige Assoziationen hervorrufende Instrumente mit spitzen Nadeln und scharfen Kanten. Für die nie verwirklichte Dune-Verfilmung des exzentrischen Regisseurs Alejandro Jodorowsky entwarf Giger in den 80er Jahren seine Vision des Heimatplaneten der bösen Harkonnen. Scorn wirkt, als haben die Entwickler seine damaligen Entwürfe genommen und in ein Spiel gegossen.

Ich erwache in Gängen, die wirken, als befände ich mich im Dickdarm eines metallischen Wurms, erreiche schließlich eine kreisförmige, riesenhafte Halle mit einem Turm in der Mitte und seltsamen Apparaturen in den Einbuchten an der Wand, die Greifarme zum Transportieren von Lasten sein könnten. Oder Folterinstrumente. Vereinzelt stehen bizarre schalenförmige Sessel herum, ähnlich dem stromlinienhaft geschwungenen Pilotensitz an Bord des außerirdischen Raumschiffes im ersten Alien-Film.

Ich versuche mit ihm zu interagieren. Mein Charakter – wie gesagt: eine seltsame Kreatur zwischen Skelett und verwestem Zombie – greift in die halborganische Steuerkonsole wie ein Chirurg in eine klaffende Wunde und knetet darin herum. Das scheint offenbar die ortsübliche Vorgehensweise zu sein, um Maschinen zu bedienen. Der Greifarm vor mir zuckelt kurz, doch nichts passiert. Ich ziehe weiter. Auf dem Turm findet sich eine weitere Steuereinheit. Hier lassen sich anscheinend die Weichen der Schienen stellen, die die Halle mit angrenzenden Räumen verbinden. Also erkunde ich diese, entdecke neuerliche, rätselhafte Maschinen. Eine davon scheint der Beförderung von etwas zu dienen, das aber nicht da ist. Eine weitere besteht aus einer riesigen Kreissäge.

Ganze 20 Minuten bin ich allein damit beschäftigt, diesen ebenso merkwürdigen wie faszinierend gestalteten Ort zu erkunden, eine Gerätschaft nach der anderen zu entdecken und zunehmend eine Ahnung über ihre Funktion zu entwickeln. Scorn ist kein Spiel, das euch bemutternd an die Hand nimmt, sondern euch als Fremdkörper in eine Welt spuckt, deren Kenntnis über ihre Gesetze und Abläufe ihr euch erst erarbeiten müsst. Wenngleich die Demo nicht ganz am Anfang, aber doch recht früh im Spiel vorkommen soll, fühle ich mich zunächst etwas überfordert angesichts der schieren Größe dieses Gebiets voller Hallen, Gänge und angrenzender Kammern, allesamt voll mit Geräten, deren Funktionsweise sich nicht erklärt und mir nicht erschließt.

Doch dann finde ich eine Art Lagerhalle mit einem großen Greifarm und zahlreichen Behältern, von denen ein einziger noch intakt zu sein scheint. Es folgt eine Art Puzzlespiel, bei dem der volle Behälter an den anderen vorbei zum Förderband sortiert werden muss. Nun fügt sich alles Weitere wie von selbst zusammen: wie ich die Schienen verlegen muss, um das Paket zu den verschiedenen Stationen der Verarbeitung zu befördern, wie ich dort die unterschiedlichen Geräte einsetze und was das Ziel des Ganzen ist. Das Rätseldesign von Scorn ist zweifellos eigenwillig, manch einer wird es höchstwahrscheinlich als spröde bezeichnen, doch genau darum geht es: nach und nach diese fremdartige Welt, ihre sonderbare Ästhetik ebenso wie ihre Gesetzmäßigkeiten in sich aufsaugen und sie sich schließlich zu eigen zu machen.

Scorn - Gameplay & Release-Datum im Trailer

Scorn soll nun tatsächlich am 21. Oktober erscheinen und zur Feier des Tages gibt es nochmals einen Gameplay-Trailer.

Zartbesaitet sollte man dafür keinesfalls sein, denn wie sich schnell herausstellt, handelt es sich bei der „Fracht“, die es in dem beschriebenen Beispiel zu befördern gilt, um ein kümmerliches Wesen, das eingequetscht in einen Käfig wie eine ängstliche Schildkröte im Schraubstock wirkt und durch meine Hand im Folgenden die größten Qualen erleiden muss: zunächst brechen wir mit einer mechanischen Presse ihren Panzer auf und schaben dann mit einem übergroßen Löffel das Fleisch heraus, um an einen Schlüssel zu kommen, der die Tür zum nächsten Rätselgebiet öffnet.

Fazit

Matthias Grimm - Portraitvon Matthias Grimm
Ein ästhetisch berauschender Horror-Trip, für den man eine Vorliebe für ausgefallene Rätsel haben sollte

Scorn steht voll und ganz im Zeichen seines atemberaubenden visuellen Stils. Das ganze Spiel wirkt, als haben die Entwickler die Vision von H.R. Giger für den ersten Alien-Film genommen und ihn zu einer kompletten Spielwelt ausgebaut. Die zum Markenzeichen des Schweizer Künstlers gewordene Verbindung aus metallischer Architektur und organischen Widerlichkeiten dürfte Scorn jedenfalls zu einer außergewöhnlichen ästhetischen Erfahrung machen.

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Doch dafür sollte man sich als potenzieller Käufer im Vorfeld im Klaren sein, was einen erwartet: kein packendes Massenmarkt-Actionspiel wie Resident Evil oder psychologisch vereinnahmender Grusel wie Outlast, sondern ein gemächliches Rätselspiel, das die Fremdheit seiner Welt nicht nur zur sinnlichen, sondern auch spielerischen Herausforderung macht. Wer sich darauf nicht einlassen kann, könnte das Geschehen über weite Strecken als spröde wahrnehmen. Auch bin ich noch unschlüssig, ob die geradezu zynisch übertriebene Brutalität in manchen Szenen ein Zeichen von kühner Grenzüberschreitung oder doch eher nur widerwärtig plakativer Geschmacklosigkeit zu werten ist. Noch hoffe ich, dass das Spiel mit seiner Geschichte schlüssige Antworten darauf liefern wird.

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Scorn
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