Special - Pokémon GO: drei Monate später : Es war einmal ein Hype
- Mob
Am 6. Juli wurde Pokémon GO in den ersten Regionen veröffentlicht. Seitdem ist viel passiert: Leichenfunde, Skandale, skurrile Geschäftsideen und schwindelerregende Millioneneinnahmen waren nur einige von vielen Themen, die die Welt auch jenseits der üblichen Spielepresse bewegten. Ein Vierteljahr später ist es Zeit, die noch sehr kurze Geschichte der App zu rekapitulieren, um Bilanz zu ziehen, was in drei Monaten alles passiert ist.
Es war einmal ein ehemaliges Google-Tochterunternehmen, das hatte die Idee, einen der größten Träume vieler zu erfüllen, die zur Jahrtausendwende Kinder und Jugendliche waren. Es plante, es diesen Menschen möglich zu machen, Pokémon in der realen Welt zu fangen. Der Name des Unternehmens war Niantic. Die Firma erregte mit ihrem kühnen Unterfangen bald die Aufmerksamkeit ferner Königreiche, die ihre Schatzkammern plünderten, um sich an der Umsetzung der Idee zu beteiligen. Sie ahnten, dass Niantic die Welt verändern könnte, wenn auch nur für kurze Zeit.
Phase 1: Der Hype
Ende der Märchenstunde. Wir schreiben den 6. Juli 2016. Niantic veröffentlicht nach langer Wartezeit die Augmented-Reality-App Pokémon GO. Doch noch können nicht alle auf das Spielchen der Google-Tochter zugreifen. Mithilfe einiger Kniffe ist es aber auch in nicht vorgesehenen Regionen schon spielbar. Nach etwa einer Woche werden weitere Teile der Erde mit dem Release bedacht.
Innerhalb weniger Tage wird die App millionenfach heruntergeladen. Zum ersten Mal seit beinahe 20 Jahren sind die kleinen Taschenmonster wieder in aller Munde. Überall laufen Kinder ebenso wie Erwachsene mit starrem Blick auf ihr Smartphone durch die Gegend und achten dabei nicht immer auf ihre Umgebung. Es kommt zu Unfällen, Angriffen und sogar Leichenfunden.
Besonders ein Unternehmen, Nintendo, profitiert von dem rasanten Aufschwung der Taschenmonster – obwohl es eigentlich nur am Rande mit Pokémon GO zu tun hat. Nintendo liefert lediglich die Marke und hält Teile an Game Freak und der Pokémon Company. Entsprechend dauert es nicht lange, bis die Aktionäre ihren Fehler bemerken. In der Folge rutscht Nintendos Aktienkurs wieder auf den Wert, auf dem er vor dem ganzen Trubel lag.
Phase 2: Frust
Nicht nur bei den Aktionären, auch bei Tausenden Pokémon-Trainern weicht die Begeisterung bald der Ernüchterung. Das 50-fache des erwarteten Andrangs erwischt Niantic eiskalt und führt zu hoffnungslos überlasteten Servern. In den seltenen Fällen, in denen Pokémon GO überhaupt startet, zehren zahllose Bugs und Abstürze an den Nerven der allmählich ungeduldig werdenden Masse. Zu allem Überfluss ist die App derart energiehungrig, dass Herstellern von zusätzlichen Akkus die Augen vor Begeisterung leuchten. All das bekommt Niantic nach und nach in den Griff. Doch für den größten Frust sorgt bis heute das entfernte Suchsystem.
Während in den ersten Wochen ein recht treffsicheres System zum Auffinden von Pokémon zum Einsatz kam, hat es das Studio bis heute nicht geschafft, einen angemessenen Ersatz bereitzustellen. Seither läuft die Suche nach noch unentdeckten Monstern zur Vervollständigung des PokéDex planlos ab. Dabei wird schon seit Anfang August eine vielversprechende neue Mechanik erprobt, die bis heute aber noch nicht mittels Update an die breite Masse ausgerollt wurde.
Phase 3: Ablehnung
Der überschwängliche Rummel um Pokémon GO hat allerdings eine Kehrseite. Mitmenschen fühlen sich von enormen Menschenansammlungen belästigt, private Grundstücke werden unerlaubt betreten und sensible Orte zur Fangzone für Taschenmonster erklärt. Sogar an respektvollem Verhalten in einem Holocaust-Museum mangelt es. Der Iran wird das erste Land, das Pokémon GO verbietet. Die Niederlande verklagen das überforderte Studio Niantic sogar, da Spieler geschützte Strände gefährden.
Phase 4: Ausklang
Drei Monate nach der Veröffentlichung ist allmählich Ruhe in das Thema Pokémon GO eingekehrt. Das heißt aber nicht, dass der Erfolg lediglich eine Seifenblase war und nun zu Ende ist. Noch immer generiert die AR-App täglich mehrere Millionen Dollar an Einnahmen. Das Spiel läuft mittlerweile stabil, die Nutzerzahlen pendeln sich auf den harten Kern ein, der sich nicht nur von der Hype-Welle mitreißen ließ. Niantic arbeitet immer noch fleißig daran, das Potenzial der App weiter auszuschöpfen, und veröffentlicht regelmäßig neue Features. Das neue Suchsystem ist allerdings weiterhin nicht in Sicht. Die große Frage derzeit ist, wann Niantic die nächsten Pokémon-Generationen einführen und damit das Interesse erneut aufflammen lassen wird.
Zu Ende ist die Geschichte von Pokémon GO also noch lange nicht. Das Märchen hatte bisher seine Höhen und Tiefen. Die Suche geht weiter und die Schatzkammern des Königreichs Niantic füllen sich stetig. Und da sie nicht gestorben sind, leben sie noch heute ...
Kommentarezum Artikel