Special - Nintendos Zukunft : Iwatas Erbe

Nintendo ohne Satoru Iwata: Eine Vorstellung, die vor wenigen Tagen als völlig abwegig erschien, ist mittlerweile traurige Realität. Doch den führenden Persönlichkeiten des japanischen Konzerns war wohl weit früher bewusst, dass diese Situation irgendwann eintreten wird. Aus diesem Grund wird man sich bereits frühzeitig Gedanken gemacht haben, wer künftig die Zügel in die Hand nehmen wird. Aktuell sind die Augen auf Genyo Takeda und Shigeru Miyamoto gerichtet, die vorübergehend die Geschäfte leiten.

Beide gelten unter Insidern als klare Favoriten, wenn es um die Position als künftigen Präsidenten Nintendos geht. Shigeru Miyamoto bedarf dabei nur weniger Worte, um seine Bedeutung für das Unternehmen als auch für die gesamte Industrie einzuordnen. Miyamoto hat durch seinen Ideenreichtum und seine Design-Philosophie einen großen Teil dazu beigetragen, dass Nintendos Wandel von einem Spielzeug- zu einem Videospielhersteller glückte. Zudem hat er mit Super Mario und The Legend of Zelda nicht nur Ikonen, sondern auch Standards in dem jeweiligen Genre etabliert und diese fortwährend weiterentwickelt.

Durch seine Verdienste erlangte Miyamoto immer mehr Verantwortung und vor allem aufseherische Pflichten. Die Leitung von Mario, Zelda und Co. haben schon seit längerem andere inne. Miyamoto agiert in diesem Fall eher aus dem Hintergrund und schreitet nur dann ein, wenn die eingeschlagene Richtung falsch erscheint. Dem Mario-Erfinder ist vor allem wichtig, der aufkeimenden Entwicklerzunft mit Rat und Tat zur Seite zu stehen und so sicherzustellen, dass Nintendos Kapital, also die internen Entwicklerstudios, auch künftig dem Qualitätsanspruch der Kritiker und Kunden gerecht wird.

Miyamoto war schon immer, im Gegensatz zu Iwata, primär in die Entwicklung von Spielen eingespannt. Der ausbleibende Erfolg der Wii U brachte ihn sogar dazu, sich aus den Arbeiten an der neuen Hardware mit Codenamen NX komplett zurückzuziehen. Aus dieser Perspektive scheint es eher unwahrscheinlich, dass das Traditionsunternehmen in absehbarer Zeit von ihm geleitet wird. Auf der anderen Seite verkörpert wohl niemand anderes Nintendo und seine Philosophie so sehr wie er.

Der Unbekannte

Doch wer ist Genyo Takeda, der Mann neben Shigeru Miyamoto? Als die Meldung publik wurde, dass Satoru Iwata verstorben ist, und Miyamoto und Takeda vorerst die Leitung übernehmen, musste mal wieder das Internet zu Rate gezogen werden, um zu erfahren, wer genau hinter dem Namen steckt. Die ersten Suchergebnisse liefern recht schnell Aufschluss zu dem bis dato eher unbekanntem Gesicht. Der 1949 geborene Takeda arbeitet bereits seit 1972 für den Mario-Konzern. Noch bevor Miyamoto auf den Plan trat, entwickelte Takeda EVR Race, eine Art Wettsimulation und gleichzeitig das erste Arcade-Spiel aus dem Hause Nintendo.

Im Laufe seiner Karriere soll er zudem dafür gesorgt haben, das The Legend of Zelda für NES das erste Spiel samt Batteriespeicherung wurde und der Nintendo-64-Controller auf einen Analog-Stick setzte. Darüber hinaus gilt Takeda neben Iwata als eine der federführenden Persönlichkeiten, wenn es um Nintendos Abkehr vom kostenintensiven Wettrüsten innerhalb der Videospielindustrie und dem damit verbundenen Erfolg der Wii geht. Takedas Werdegang und Philosophie weist viele Übereinstimmungen mit Iwata auf. Das macht ihn für viele Analysten zu einem geeigneten Kandidaten für die Position des Präsidenten. Einzig sein vergleichsweise hohes Alter von 66 Jahren könnte gegen ihn sprechen.

Mr. X

Es wäre aber auch nicht verwunderlich, wenn jemand anderes das höchste Amt innerhalb Nintendos antreten würde. Versetzen wir uns einfach mal in das Jahr 2002. Nintendos Dominanz war durch Hauptkonkurrent Sony schon lange gebrochen und Hiroshi Yamauchi bereitete seine Nachfolge vor. Zu diesem Zeitpunkt war der nur 42-jährige Satoru Iwata für viele ein unbeschriebenes Blatt. Solch eine Situation wäre aktuell ebenfalls denkbar.

Vielleicht tritt am Ende jemand auf dem Plan, der bis dato nie groß in den Fokus der Fachpresse oder der Fans rückte. Und wenn man sich einer Sache sicher sein kann, dann dass man bei Nintendo in dieser Beziehung keine unüberlegten Entscheidungen treffen wird und der Pfad, den Iwata beschritten hat (NX, Mobile-Strategie, Quality of Life), fortgeführt wird.