Special - Nintendo NX : 5 gute Startbedingungen
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In knapp drei Monaten wird das derzeit wohl am besten gehütete Geheimnis der Videospielbranche gelüftet. Auf der E3 werden wir erfahren, worum es sich bei der nebulösen NX-Plattform konkret handelt, die Nintendo vergangenes Jahr angekündigt hat. Damit der Verkaufsstart der Konsole den Nährboden für nachhaltigem Erfolg legt, muss das Unternehmen allerdings einige Voraussetzungen erfüllen, wenn sich die Wii-U-Problematik nicht wiederholen soll.
1. Ein überzeugendes Launch-Line-up
Nach Fehlern sollte man nicht in Selbstmitleid zerfließen, sondern die Gelegenheit nutzen, für die Zukunft zu lernen. Eines der schwerwiegendsten Probleme der Wii U war das vergleichsweise schwache Launch-Portfolio, als die Konsole zum Weihnachtsgeschäft 2012 in den Handel kam. Es fehlte einfach an großen Titeln, die man von Nintendo erwartet. Beinahe war das Dritthersteller-Programm interessanter als Nintendos eigene Bemühungen, Kaufargumente für die Konsole zu schaffen. Das darf sich mit NX auf keinen Fall wiederholen. Die Plattform muss gleich zum Start oder in der Release-Phase mit dem Größten aufwarten, das das Unternehmen zu bieten hat.
Wir denken an ein neues 3-D-Mario im Stil von Sunshine oder Galaxy. Ein neues Pokémon gilt ebenfalls als Garant dafür, neue Hardware in die Wohn- und Kinderzimmer zu befördern. Derzeit stehen die Zeichen gut, dass Zelda für Wii U auch für NX umgesetzt wird. Eine kluge Entscheidung. Wir wollen nicht erst zwei bis drei Jahre warten, bis die wirklich interessanten Veröffentlichungen in den Startlöchern stehen. Gebt den Leuten endlich ein F-Zero, Nintendo. Dafür ließe sich Shin'en Multimedia einspannen. Der deutsche Entwickler hat bereits mit FAST Racing NEO gezeigt, wie der Zukunfts-Racer heute aussehen könnte. Je besser die Titel zum Start, desto größer die Hardware-Basis für spätere Releases.
2. Ein überarbeitetes Online-/Freunde-System
In dieser Hinsicht geht Nintendo mit dem neuen Nintendo-Account-System bereits die ersten Schritte in die richtige Richtung. Käufe können in Zukunft auch unterwegs getätigt werden, sodass sie bereits installiert sind, wenn ihr von der Arbeit nach Hause kommt. Auf der Wii U ist das Online-System im Vergleich zur Konkurrenz jedoch ziemlich rückständig. Beispielsweise ist die Account-Bindung von Download-Titeln heute einfach nicht mehr zeitgemäß. Die Nintendo Network ID ist wiederum an maximal eine Wii U sowie einen 3DS gebunden. Heruntergeladene Spiele bei Freunden zu zocken, wird somit unmöglich gemacht, sollte man die Konsole zu Hause nicht abstöpseln wollen.
Das Freunde-System und die Kommunikationsbeschränkungen bedürfen einer Generalüberholung. Denn auch, wenn Nintendo-Kunden den lokalen Multiplayer sehr schätzen und vom Japano-Konzern dahingehend gut bedient werden, entwickeln Dritthersteller mehr Titel mit Online-Fokus. In dieser Hinsicht muss NX attraktiv für die Zielgruppe solcher Spiele werden.
Das inzwischen als Fake entlarvte Bild des NX-Controllers.
3. Ein kundenfreundlicher Preis
Nintendo produziert nach wie vor Unterhaltungs-Hard- und Software für Familien. Nicht nur aus diesem Grund sollte der Preis für NX nicht über dem gewohnten Niveau des Unternehmens liegen. In den letzten Jahren musste Big-N stets drastische Preissenkungen vornehmen, um mehr Käufer zu erreichen. Man denke an den Sturz des 3DS um 100 Euro nach nur wenigen Monaten. Auch das Premium-Paket der Wii U kostete zum Launch mehr, als ein Großteil der an die Wii gewöhnten Kundschaft zu zahlen bereit war.
Natürlich werden nicht nur treue Nintendo-Kunden von einem moderaten Preis gelockt. Je günstiger der Preis, desto eher überlegt man sich die Anschaffung einer Konsole einer neuen Generation, das ist Fakt. Außerdem werden nicht wenige Eltern einen Kauf weit jenseits der 300-Euro-Grenze scheuen und eher ältere und damit günstigere Hardware in Erwägung ziehen. Käufer, die bei der gerade veröffentlichten NX lieber zur eingemotteten Wii U greifen, kann Nintendo wirklich nicht gebrauchen.
Wii-U-Beispiele für Third-Party-Support: Batman: Arkham City, Deus Ex: Human Revolution und Assassin's Creed IV: Black Flag.
4. Mehr Third-Party-Support
Der ewige Teufelskreis der Wii U: Zu wenig Unterstützung von Drittherstellern führte zu einem insgesamt kleineren Spieleangebot. Dadurch wurde der Kauf der Konsole unattraktiver, was wiederum kein gutes Argument für Entwickler war, für die Plattform zu produzieren. Bis auf viele kleine Indie-Titel muss Nintendo heute das Angebot an Titeln für die Wii U beinahe alleine stemmen. Das Unternehmen hat mit NX die Chance, den Teufelskreis zu durchbrechen und vergraulte Dritthersteller wieder für sich zu gewinnen.
Dafür darf die neue Konsole allerdings nicht erneut so extravagant sein, dass sich der Port von plattformübergreifenden Spielen als schwierig gestaltet. Schließlich weiß Nintendo bis heute selbst kaum, wie das Gamepad der Wii U sinnvoll einzusetzen ist. Dass dies für externe Studios kein gutes Zeichen ist, versteht sich von selbst. Big-N steht vor der Herausforderung, einen Mittelweg zwischen Innovativer Hardware und leicht verkäuflichem Mainstream zu finden.
5. Trotzdem genügend Innovation
Nintendo ist die treibende Innovationskraft der Branche. Das ist, wie die Vergangenheit mit der Wii U oder dem Virtual Boy bestätigt, mit einem nicht unerheblichen Risiko verbunden. Fruchten die Ideen des Konzerns, stehen bekanntlich Welterfolge ins Haus, die rasch Nachahmer finden. Das belebt das gesamte Milieu. Ein reines Hardware-Upgrade, eine dritte Konsole, die sich beinahe nur durch ihre Innereien von der Konkurrenz unterscheidet, wäre enttäuschend. Von Nintendo wird etwas anderes erwartet: bisher unbekannte Weisen, Spiele zu erfahren, mit denen sich neue Käuferschichten erschließen lassen. Gelingt es, Extravaganz mit einer einfachen Basis für Entwickler unter einen Hut zu bringen, hat NX schon vieles richtig gemacht.
Wenngleich noch nichts Konkretes angekündigt wurde, soll die Leistung der NX leicht über dem Niveau der Xbox One liegen. Ordnet man die Plattform neben der kommenden PlayStation und der nächsten Xbox ein, liegt sie technisch wieder weit abgeschlagen. Der frühere Veröffentlichungszeitraum – vermutlich 2017 – könnte sich als Vorteil entpuppen. Dem Kunden, der sich nicht rund um die Uhr mit Videospielen beschäftigt, ist es egal, ob er da gerade zwischen Vertretern der alten Generation ein Gerät des nächsten Zyklus sieht. Ihn interessiert nur, was aktuell am fortschrittlichsten ist. Auch wenn Sony und Microsoft mit ihren angedeuteten Hardware-Upgrades vorweggreifen könnten. Schafft Nintendo es wieder, aus der Wii-U-Misere aufzusteigen? Spätestens zur E3 wissen wir mehr.
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