Special - Marvel's Avengers : Status quo: Helden auf dem Abstellgleis
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Ich erinnere mich noch gut an meinen Test zu Marvel’s Avengers – leider nicht im positiven Sinn. Schon die Kampagne missfiel mir aufgrund immer gleicher Gegner und wenig spielerischer Besonderheiten. Aber das war nichts im Vergleich zum extrem langweiligen Grind im Endgame. Dieses Spiel brauchte unbedingt Updates – und die kamen.
Los ging es mit der Dezember-Erweiterung rund um Kate Bishop, die im Rahmen einer kleinen Kampagne eingeführt wurde. Im März 2021 folgte ihr Mentor Hawkeye, der gleich noch das Upgrade für die PS5 und Xbox Series X|S mitbrachte. Die dritte und bisher letzte Erweiterung machte den Black Panther zum Star und erschien im August des vergangenen Jahres.
Die drei Gratis-DLCs gefielen mit kurzen Geschichten und ein paar neuen Umgebungen, liefen im Kern jedoch genauso ab wie der Rest des Spiels: Stundenlang verkloppte ich drei oder vier verschiedene Gegnertypen für wenige Gegenstände mit kryptischen Attributen, von denen ich im Kampf fast nichts zu spüren bekam. Unglücklich war zudem, mit Kate Bishop und Hawkeye gleich zwei Bogenschützen einzuführen, die sich ähnlich spielten. Abwechslung und Avengers schienen sich einfach nicht zu vertragen.
Viele Updates, wenig Fortschritt
Darüber hinaus gab es Anpassungen der Menüs, Überarbeitungen der Rüstungswerte oder auch die Abschaffung bestimmter Gegenstände – alles sinnvolle Sachen, die allerdings nichts am enorm repetitiven Ablauf veränderten. Im Gegenteil, man baute ihn mit bockschweren Missionen voller Gegnerwellen sogar noch aus.
Selbst wenn ich die spielen wollte, brauchte es fähige Mitstreiter. Dumm nur, dass die so selten auftauchten wie Schnee im Sommer. Überhaupt eine (!) Person ins Team zu bekommen, stellte schon ein Highlight dar. Entsprechend schnell gingen die Anläufe darum in die Spandex-Hose. Vollumfängliches Crossplay hätte sicherlich dabei geholfen, häufiger Unterstützung zu finden, doch das blieb ein Wunschdenken.
Ebenfalls enttäuschend geriet die Veröffentlichung von Spider-Man, der bereits vor dem Release des Spiels als Playstation-exklusiver Charakter angekündigt (und heftig diskutiert) worden war. Als es am 30. November 2021 – über ein Jahr nach dem Release des Spiels – soweit war, juckte der DLC kaum noch jemanden. Kein Wunder, denn im Gegensatz zu Kate Bishop, Hawkeye und Black Panther sparte man sich eine Mini-Kampagne und warf Spidey ziemlich lieblos ins Spiel.
"Mehr gut gemeint als gut gemacht" traf auch auf den Raid zu. Hier stand neben vielen Kämpfen sogar das Lösen von Rätseln via Teamwork auf dem Programm. Allerdings benötigte es dafür eine volle Truppe, die zudem stark genug sein musste. Das Erreichen der erforderlichen Charakterstufe setzte jedoch einen zähen Grind voraus, den viele gar nicht erst auf sich nahmen. Auch die Tatsache, mehrere Stunden mit dem Raid beschäftigt zu sein, machte ihn nicht unbedingt attraktiver.
Ende März 2022 erschien das bis dato letzte Update. Das führte S.H.I.E.L.D.-Chef Nick Fury (leider nicht in Form von Samuel L. Jackson) in die heroische Action ein. Mit einer neuen Missionsreihe nahm er Leute ins Visier, die gerade erst mit Marvel’s Avengers angefangen hatten – ja, die soll es geben. Dazu kamen zahlreiche kleinere Verbesserungen, vor allem in den Bereichen Heldenkräfte und Missionen.
Leider brachte besagtes Update auch neue Probleme mit sich. Manchmal konnte ich während eines Einsatzes keine Gegenstände aufsammeln und nicht weitergehen, weil eine Tür verschlossen blieb. Die Spielersuche spülte zwar etwas häufiger andere Helden in mein Team, jedoch lag deren Level oft etliche Stufen unter meinem – da ließ sich beim Schwierigkeitsgrad der nächsten Mission kaum ein Kompromiss finden. Also zog ich wieder allein los ...
Ein großer Reinfall
Bereits einige schwach gestartete Titel (darunter Warframe oder No Man's Sky) entwickelten sich dank tiefgreifender Veränderungen im Laufe der Zeit zu sehr guten Spielen. Doch solch große Umstrukturierungen waren bei Marvel’s Avengers anscheinend nie ein Thema. Vielleicht lag es daran, dass Crystal Dynamics von Anfang an mit dem Modell Games-as-a-Service überfordert war und darum das vorhandene Potenzial rund um Helden, Kräfte und Auflevel-Mechanik niemals ausschöpfen konnte.
Wieso kann ich starke Gegenstände kaum gezielt erspielen? Warum sind nahezu alle Herausforderungen gleich aufgebaut? Wieso verfügt jede Figur über lediglich drei Heldenfähigkeiten? Aus welchem Grund fühlt sich der Hulk selbst nach zig Upgrades so mächtig an wie eine Fliegenklatsche? Und warum … ach, egal. All diese Fragen werden eh nicht mehr beantwortet, weil der Titel längst als Misserfolg in den Geschäftsbüchern von Square Enix vermerkt ist.
Darum ziehe ich mit diesem Artikel einen Schlussstrich unter meine Avengers-Zeit. Immer wieder habe ich reingeschaut, stets in der Hoffnung, das Spiel könnte sich noch zum Positiven entwickeln. Aber daran glaube ich nicht mehr. Und so bleibt mein Eindruck aus dem Test bestehen: Marvel’s Avengers hat wenig mit dem feinen Destiny 2 (zum Test von Destiny 2: Die Hexenkönigin), sondern leider mehr mit dem Mega-Flop Anthem gemeinsam. Mal schauen, wann dessen Schicksal (zur News: Entwicklung von Anthem wird eingestellt) auch Iron Man, Thor und Co. ereilt …
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