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Test - Frostpunk 2 : Test: Jetzt mit noch mehr sozialer Kälte

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Bis zum Wintereinbruch ist es sicher noch ein paar Tage, aber wer sich trotzdem schonmal mit einer Tasse Tee in der Hand dem Schneetreiben hingeben will, dem tut Entwickler 11 bit studios mit Frostpunk 2 jetzt einen großen Gefallen. Selbst wenn euch das erste Frostpunk damals nämlich kaltgelassen hat, lohnt sich ein Blick auf den Nachfolger. Denn Frostpunk 2 löst sich von den Kernelementen des Vorgängers und geht stattdessen seinen ganz eigenen Weg.

Frostpunk 2 zählt zwar zu den Strategie- und Städtebauspielen, doch mit dem gemütlichen Vor-sich-hin-Bauen eines Anno hat es genauso wenig zu tun wie mit den hitzigen Gefechten eines Starcraft. Selbst mit anderen City-Buildern lässt es sich schwer vergleichen, denn hier müsst ihr euch keine Gedanken um Parkplätze und Wasserversorgung, sondern um Schneestürme und verhungernde Stadtbewohner machen. Das Spiel ist knallhart, bisweilen bockschwer und verzeiht keine Fehler. All das teilt es sich zwar mit dem Vorgänger, doch darüber hinaus lässt Teil 2 kaum etwas beim Alten.

Stimmung wie in der Tiefkühltruhe

Zeitlich siedelt sich Frostpunk 2 nach den Ereignissen aus dem Vorgänger an. Während wir im ersten Teil nur unser kleines Grüppchen an Pionieren am Leben halten mussten, steht jetzt nicht mehr pures Überleben an, sondern der Aufbau einer großen Stadt und damit einer hoffentlich rosigeren Zukunft.

Da die postapokalyptische Eiszeit anscheinend vorerst nicht mehr weichen will, kuschelt sich eure Siedlung aber noch immer wie im Vorgänger um den zentralen Wärmegenerator, wenn auch nicht mehr in konzentrischen Kreisen, und eure Bürger wollen mit Nahrung, diversen Gütern, Unterkünften und natürlich Wärme versorgt werden.

Diese Aufgaben übernehmen jetzt die Distrikte. Auf der neuerdings in Hexfelder unterteilten Karte baut ihr Wohn-, Industrie-, Förder- oder Nahrungsmitteldistrikte in der Nähe des Generators oder auf Feldern mit einem Vorkommen an den entsprechenden Rohstoffen. Boni gibt es, falls die Gebiete neben einer Wärmequelle liegen, Abzüge, wenn zum Beispiel ein Industriebezirk direkt an eure Nahrungsmittelproduktion angrenzt. Eigentlich wäre es das im Grunde auch schon. Mit der Zeit steigt eure Bevölkerungszahl, was mehr Ressourcen erfordert, weswegen ihr mehr Distrikte braucht und so weiter.

Allerdings sind die Rohstoffe in der Nähe eurer Stadt begrenzt, und bevor euch die Heizkohle ausgeht oder der fruchtbare Boden ausgelaugt ist, macht ihr euch zur Nachschubsuche auf den Weg in die umliegenden Forstlande. Erkundet ihr mit euren Spähern neue Gebiete, lässt sich unter dem Schnee so einiges ausgraben. Auf die Art findet ihr zum Beispiel Nomaden, die ihr aufnehmen könnt, um eure Bevölkerungszahl zu erhöhen, größere Mengen an frei verfügbaren Ressourcen oder Technologie aus der Prä-Apokalypse, die euch dabei hilft, hochwertigere Gebäude zu bauen.

Den Jackpot habt ihr aber dann geknackt, wenn ihr unter der Schneedecke einen brauchbaren Außenposten findet, der bestenfalls sogar über einen eigenen Generator verfügt. Schmeißt ihr die Maschinen eines alten, aufgelaufenen Tankers zum Beispiel wieder an, habt ihr die Möglichkeit, einige Arbeiter anzusiedeln, die die enorme Menge Öl aus dem Schiff bergen. Dann verfügt ihr zwar gleich über zwei Orte, um die ihr euch kümmern müsst, dafür bekommt ihr aber auch einen schier endlosen Zustrom an Rohstoffen und braucht euch darüber bis zum nächsten Schneesturm oder Kälteeinbruch keine Gedanken mehr zu machen.

So schön und friedlich könnte das Leben in der frostigen Einöde sein, wenn es da nicht noch ein letztes Problem gäbe. Denn am schwierigsten zu meistern sind nicht etwa Nahrungsknappheit oder die schneidende Kälte, sondern die vermaledeite Demokratie.

Unterkühlte diplomatische Beziehungen

Während ihr euch angestrengt um die Grundversorgung kümmert, müsst ihr euch permanent mit den verschiedenen Fraktionen in eurer Stadt herumschlagen. Jede Partie startet mit mindestens zwei Fraktionen, die diametral entgegengesetzte Weltanschauungen vertreten. So wollen zum Beispiel die Wildbeuter im Einklang mit der Natur leben, um sich den neuen Umständen schneller anzupassen, die Maschinisten hingegen lösen ihre Probleme lieber mit Technik.

Jede Entscheidung, die ihr trefft, hat Auswirkungen auf euer Verhältnis zu den einzelnen Parteien. Baut ihr automatisierte Fabriken, finden das die Maschinisten toll, die Wildbeuter verurteilen euer Handeln jedoch. Jetzt könnten euch solche speziellen Interessen natürlich egal sein, dummerweise seid ihr aber kein absolutistischer Alleinherrscher, sondern müsst alle Gesetzesänderung, die ihr vornehmen wollt, erst durch einen Rat genehmigen lassen. Sind viele eurer Bürger Maschinisten, haben sie auch im Rat die Mehrheit inne, was es wiederum erleichtert Gesetze zu verabschieden, die im Sinne ihrer Prinzipien sind.

Schlagt ihr euch jedoch zu sehr auf eine Seite, radikalisiert sich die andere Partei und es bilden sich extremistische Splittergruppen, deren Bedürfnisse noch weiter auseinander ragen. Sollte euch eine Gruppe sogar regelrecht hassen und sich missverstanden fühlen, dann kann es schonmal sein, dass Distrikte bestreikt oder sabotiert werden. Dann bricht eure Infrastruktur auf einmal zusammen und die Menschen, die gegen euch demonstrieren, drohen selbst zu verhungern. Wenn besorgte Bürger gegen ihre eigenen Interessen auf die Straße gehen, weil sie blind einer verzerrten Ideologie folgen, dann kommt man sich schon fast wie ein richtiger Politiker vor.

Es gibt aber nunmal ständig Fragen, die dringend per Gesetz geklärt werden müssen. Darf sich jeder Fremde einfach so in eurer Stadt ansiedeln oder lasst ihr nur Fachkräfte herein? Eigentlich einfach, denn mehr Arbeitskräfte unter den hungrigen Mäulern sind ja ideal. Entscheidet ihr euch aber für den beschränkten Zuzug, steht ihr schon bald vor den Konsequenzen. Die Arbeiter vermissen ihre Familien und arbeiten weniger produktiv. Seid ihr dann so gefühlskalt und trennt weiterhin Eltern von ihren hungernden Kindern oder gebt ihr nach und lasst zumindest Familien nachkommen? Damit steigt die Produktivität zwar wieder, im Gegenzug erhöht sich jedoch auch der Anteil der Bevölkerung, der nicht zur Arbeit fähig ist.

Jeder noch so kleine Gefallen, der zunächst unbedeutend wirkt, kann euch später zum Verhängnis werden. Aber genau das ist eben der Reiz der Frostpunk-Reihe. Es gibt keine richtigen oder falschen Entscheidungen. Stattdessen werden eure Pläne andauernd durchkreuzt, und ihr habt immer nur die Wahl des kleineren Übels. Für mich lässt sich das ganze Gameplay in einem einzigen Satz zusammenfassen: “Was ist denn jetzt schon wieder?”

Heiter weiter scheitern

Frostpunk 2 kommt mit zwei verschiedenen Spielmodi. Im Storymodus lenkt ihr das Schicksal der Kolonie New London. Je nachdem, welche Fraktion ihr unterstützt, verläuft die Geschichte der Stadt ein wenig anders. Mit der Kampagne seid ihr ungefähr 10 bis maximal 15 Stunden beschäftigt, aber eigentlich dient der Storymodus hauptsächlich als langgezogenes Tutorial.

So richtig zur Sache geht es dann bei Utopia Builder, dem eigentlichen Herzstück von Frostpunk 2. In diesem Sandbox-Modus habt ihr Zugriff auf sieben verschiedene Standorten für eure Stadt, wobei einige davon bereits aus der Kampagne bekannt sind. Je nach Karte ändern sich die Umweltbedingungen und die Ressourcenverteilung, eisig kalt bleibt es aber immer (heißt ja nicht HITZEschlager).

Des Weiteren lässt sich bestimmen, welche Fraktionen euch auf die Nerven gehen die Interessen eurer Bürger vertreten. Sollten euch die schwierigsten Standorte, extremsten Parteien und der höchste Schwierigkeitsgrad immer noch nicht das Blut in den Adern gefrieren lassen, gibt es noch eine Hardcore-Variante, in der ihr zwischendurch nicht pausieren dürft und nur gespeichert wird, wenn ihr das Spiel verlasst.

Aber egal ob Hardcore oder nicht, der gefürchtete Game-over-Schriftzug gehört bei Frostpunk 2 eben zum Konzept. Das Überleben in der Eiszeit soll eine Herausforderung sein und gerne darf man dabei ein wenig ins Schwitzen geraten. Habt ihr dann aller politischen Kapriolen, Wettereinbrüche und Nahrungsmittelknappheiten zum Trotz den Fortbestand eurer Stadt und das Wohlergehen eurer Bürger gesichert, könnt ihr endlich den Sonnenaufgang genießen und zurückblicken auf all die grausamen Entscheidungen, die ihr treffen musstet, um es bis hierher zu schaffen.

Frostpunk 2 - Launch Trailer

Zum Release von Frostpunk 2 gibt es hier den Launch-Trailer für euch.

Greift zu, wenn...

ihr eine ordentliche Herausforderung wollt.

Spart es euch, wenn...

ihr lieber gemütlich Städten beim Wachsen zusehen wollt wie bei Anno.

Fazit

Sebastian Ruppert - Portraitvon Sebastian Ruppert
Anders als der Vorgänger, aber denoch richtig gut

Durch den Fokus auf Politik und den Wechsel vom kleinen, intimen Stamm zur großen Stadt löst sich Frostpunk 2 so ziemlich von allem, was den Vorgänger einzigartig und beliebt gemacht hat. Aber ist das schlecht? Nein! Zumindest, wenn man damit klarkommt, dass es sich - mal abgesehen vom Setting - eben um ein deutlich anderes Spiel handelt.

Die große Frostland-Karte erweitert den Basenbau um viele Events und die Chance auf Kolonien, was sich aber ebenfalls nach einer logischen Weiterführung der Geschichte von Teil 1 anfühlt. Dadurch ist Frostpunk 2 allerdings auch komplexer als der Vorgänger und sicher noch weniger für die schnelle Runde zwischendurch geeignet.

Selbst nach Abschluss der Kampagne und etlichen Stunden im Utopia Builder, habe ich immer noch das Gefühl, dass ich nicht alle Zusammenhänge überblicke. Und trotzdem zieht es mich schon wieder zurück in die Kälte und sei es nur, um die Kampagne erneut zu erleben und dabei andere Entscheidungen zu treffen.

Für Genre-Neulinge wirkt das vollgestopfte UI und die diversen Verstrickungen von Politik, Forschung und Ressourcen sicher schnell überfordernd. Sucht ihr aber die Herausforderung und findet Gefallen an dem düsteren, apokalyptischen Setting im ewigen Eis, dann greift zu und stürzt euch in den Überlebenskampf!

Überblick

Pro

  • komplexes Gameplay
  • verschiedene Fraktionen sorgen für hohen Wiederspielwert
  • knackiger Schwierigkeitsgrad

Contra

  • überladenes UI
  • wenig Erklärung für einzelne Features

Awards

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