Special - FIFA, eFootball, UFL & GOALS : 2023 – das Jahr der Fußballspiele
- Multi
Wer virtuell kicken wollte, hatte meist nur FIFA und PES zur Auswahl. Seltene Alternativen wie Captain Tsubasa: Rise of New Champions (unser Test) waren von eher bescheidener Qualität. Doch nun kommt Bewegung ins Genre. Was ist von UFL und GOALS zu erwarten? Wo steht eFootball? Und was kommt mit dem FIFA-Nachfolger EA Sports FC auf uns zu?
Free-to-Play-Modell, Spielablauf und Geschenke bilden die Eckpfeiler von eFootball 2023 auf Playstation, Xbox und PC. Nach einem desaströsen Start im Oktober 2021 schraubte Konami mit schöner Regelmäßigkeit an seinem Titel: Von der Grafik über den Spielablauf bis hin zu den Menüs blieb nichts unberührt.
Inzwischen darf man das Wort “Simulation” wieder in den Mund nehmen, auch wenn gewisse Altlasten wie teils schläfrige Spieler und bizarre Kollisionen an die schlimmen Anfänge erinnern. Im Vergleich zu FIFA 23 läuft eFootball 2023 jedoch wesentlich langsamer, physischer und damit realistischer ab. Grafisch hat es sowieso die Nase vorn, gerade aufgrund glaubwürdiger Animationen und vieler außerordentlich detailgetreuer Spielergesichter.
Die Probleme liegen in anderen Bereichen. Bei den Lizenzen gleicht eFootball 2023 einem riesigen Flickenteppich: Aus den bekannten Ligen wie England und Spanien geben sich nur wenige authentische Teams die Ehre. Die meisten Mannschaften müssen mit falschen Namen und lieblos gestalteten Trikots auflaufen. Weil ein Editor wie in früheren Tagen fehlt, lässt sich daran auch nichts verändern. Und wo wir schon beim Thema Modi sind: Es gibt kaum welche. Abgesehen von Freundschaftsspielen steht allein das Dreamteam parat, quasi Konamis Antwort auf das FIFA Ultimate Team. Aber auch hier mangelt es an Umfang und Ideen.
Einzelspiele gegen wechselnde KI-Mannschaften, Freundschaftsspiele und die kompetitiv angelegte eFootball Liga bilden das spärliche Gerüst des Modus. Dabei überschüttet Konami seine Spieler regelrecht mit Belohnungen und Geschenken in Form von guten Fußballern und Ingame-Währung. Muss man sich in FIFA 23 für ein schlagkräftiges Team ganz ordentlich strecken, reicht es in eFootball 2023 fast schon aus, das Spiel zu starten und die Boni aus dem Posteingang abzurufen.
Die meisten Mannschaften laufen über vor Superstars mit hohen 90er-Werten. Einzig Legenden wie Lothar Matthäus oder Roberto Carlos sind rar gesät und verlangen nach einem saftigen Grind – oder einigen Euro und reichlich Glück, wenn es schneller gehen soll. Wollt ihr mehr Details, dann schaut euch unser Special zu eFootball 2023 an.
Abgesehen vom Dreamteam passiert schlicht nichts. Die vor geraumer Zeit angekündigte und von vielen herbeigesehnte Meister-Liga als kostenpflichtiger DLC findet in der Kommunikation rund ums Spiel längst keine Erwähnung mehr. Inzwischen ist fraglich, ob der Modus überhaupt noch erscheint. Spielerische Fortschritte, inhaltlicher Stillstand – so könnte man eFootball 2023 zusammenfassen.
Dabei darf eins jedoch nicht vergessen werden: Konamis Fokus liegt schon längst nicht mehr auf dem PC und den Konsolen, sondern auf dem Mobile-Markt. Über 600 Millionen Downloads von eFootball 2023 gab man vor wenigen Tagen bekannt – das ist eine Hausnummer! Selbst wenn nur ein Bruchteil davon regelmäßig Geld ins Dreamteam steckt, bringen Smartphones und Tablets zweifellos den Löwenanteil des Umsatzes ein. Es mag überspitzt klingen, doch vor diesem Hintergrund scheinen die Fassungen für Playstation, Xbox und PC vor allem ein Service zu sein, der sich mit den Einnahmen aus dem Mobile-Geschäft locker refinanzieren lässt.
Wie Ultimate Team, nur anders
Mit UFL will der bisher unbekannte Entwickler Strikerz Inc. nicht weniger, als den Bereich der Online-Fußballspiele zu revolutionieren. Damit ist gleich klar, worauf der Fokus liegt: Ersten kurzen Szenen nach zu urteilen ist der entsprechende Wettbewerb ähnlich aufgebaut wie im FUT-Modus von FIFA. Zu sehen sind verschiedene Seasons, Divisionen, Punkte und Belohnungen, die regelmäßig verteilt werden. Es schadet nichts, sich etwas vom Marktführer abzuschauen.
Spielgrafik und Kameraperspektive erinnern ebenfalls sehr an den EA-Kick. Dennoch hat der Entwickler in diesem Bereich viel Arbeit vor sich. Bisher wirken Animationen und Ballphysik auf Basis der Unreal Engine noch recht hölzern. Dieses Feedback gab auch die Community nach Ansicht der ersten Trailer. Und Strikerz Inc. hört zu: Derzeit wird an einem neuen virtuellen Skelett für die Spieler gearbeitet, das natürliche Bewegungen ermöglichen und somit mehr Variabilität auf den Platz bringen soll.
Das liest sich alles gut, allerdings auch etwas unspektakulär. Womit will UFL eine Duftmarke setzen? Laut Strikerz Inc. soll es vor allem der faire Spielablauf sein. “Fair to Play” lautet das Motto hinter dem kostenlosen Titel. Was genau hinter dem Slogan steckt, ist bislang allerdings offen. Auch sonst fehlt es an griffigen Informationen. In verschiedenen Videobeiträgen spricht das Team zwar ausführlich über AI, Cutscenes, Animationen und weitere Aspekte, zeigt jedoch nur wenige und arg kurze Clips vom eigentlichen Spielgeschehen.
Eines der wichtigsten Themen lautet natürlich Lizenzen. Bislang konnte man einige europäische Clubs als Partner gewinnen, darunter Bayer Leverkusen, West Ham United, AS Monaco oder auch Sporting Lissabon. Als Markenbotschafter bestätigt sind Oleksandr Zinchenko (FC Arsenal), Roberto Firmino (FC Liverpool), Romelu Lukaku (Inter Mailand) und Kevin De Bruyne (Manchester City). Von nationalen Ligen oder großen Wettbewerben wie der Champions League fehlt dagegen jede Spur. Es heißt lediglich, man werde sein Team aus über 5000 lizenzierten Fußballern zusammenstellen können.
Über das Potenzial von UFL kann man derzeit lediglich spekulieren. Sollte es sich tatsächlich um einen reinen Online-Titel handeln, braucht dieser stabile Server, ein motivierendes Spielsystem und so viele lizenzierte Kicker, Clubs und Ligen wie nur möglich. Ob Strikerz Inc. in diesen Bereichen überzeugen kann, wird sich bald zeigen: Im Jahresverlauf soll UFL für die Playstation- und Xbox-Systeme erscheinen.
Spielend Geld verdienen
Einen anderen Ansatz verfolgt hingegen GOALS. Zwar muss auch hier das Runde ins Eckige. Das Team hinter dem Spiel setzt allerdings auf einen exklusiven Anreiz: In-Game-Inhalte sollen über einen Transfermarkt via Echtgeld (!) gehandelt werden können. Darunter fallen Stadien, Schuhe, Jubel-Animationen und auch Spieler. Die verschiedenen Elemente unterscheiden sich in ihrer Seltenheit und damit natürlich auch ihrem Wert.
Jedoch handelt es sich dabei nicht um reale Fußballer wie Benzema oder Haaland, sondern sogenannte “unique players” mit eigenen Attributen und einem individuellen Aussehen. Auch das Design von Stadien oder Trikots entspringt nicht dem echten Sport, sondern lehnt sich nur daran an. Das Thema Lizenzen umschifft GOALS auf diese Weise und vermeidet damit, in eine direkte Konkurrenz mit den anderen Fußballspielen zu treten. Das erlaubt den Machern kreative Freiheiten und einen maximalen Einfluss auf die Inhalte, macht den Titel jedoch uninteressant für alle, die virtuelle Abbilder von Neymar und Co. auf den Rasen bekannter Stadien schicken wollen.
In Sachen Spielgefühl scheint GOALS dagegen bekannte Wege einzuschlagen. Die ersten Videos deuten auf einen Arcade-Ansatz hin, der mit Tempo und einfacher Steuerung ein möglichst breites Publikum ansprechen möchte. Dennoch will GOALS einen spannenden Wettbewerb mit attraktiven Belohnungen bieten, vermutlich im Rahmen einer Online-Liga à la FUT. Für Partien gegen die AI werden hingegen keine Belohnungen verteilt – das unterstreicht deutlich den kompetitiven Ansatz.
Aktuell gibt es rund um GOALS deutlich mehr offene Fragen als Antworten. Das hängt jedoch mit dem frühen Entwicklungsstadium zusammen. Laut den Machern ist das Spiel noch mehrere Jahre von der Fertigstellung entfernt. Kürzlich fand immerhin eine erste Multiplayer-Alpha für ausgesuchte Personen statt, in der das Dribbling und das Schießen im Zentrum standen. Es macht allerdings keinen Sinn, auf dieser Grundlage irgendwelche Rückschlüsse in Bezug auf die Grafik oder den Spielablauf zu ziehen. Wie GOALS die Möglichkeiten der Unreal Engine 5 für sein Spiel einsetzt, muss die Zukunft zeigen.
Der neue alte König?
FIFA-Spiele von EA gehören der Vergangenheit an. Die Zukunft heißt EA Sports FC und will selbstverständlich nahtlos an die Erfolge der Vorgänger anknüpfen. Dass der Verlust der FIFA-Lizenz kein großes Problem darstellt, haben wir bereits in diesem Special zu FIFA 22 erläutert. Seitdem hat sich natürlich was getan.
Bereits im vergangenen Sommer wurde eine Partnerschaft mit der spanischen La Liga angekündigt. Kürzlich kamen (glaubwürdige) Berichte über einen bevorstehenden Deal mit der englischen Premier League auf, der den Publisher und Entwickler rund 550 Millionen Euro kosten soll – ein kleiner Preis für die Liga mit dem weltweit größten Prestige. Ebenfalls wieder mit dabei sein wird der italienische Spitzenverein Juventus Turin, der in den Vorjahren exklusiv Konamis Fußball vorbehalten war. Hinsichtlich der Bundesliga braucht man sich ebenfalls keine Sorgen zu machen: EA weiß um deren Wert für den deutschsprachigen Raum und wird die bestehende Partnerschaft garantiert fortsetzen.
Starke Lizenzen bleiben also die Zugpferde, insbesondere im Hinblick auf das Ultimate Team. Der Modus lebt von der direkten Verknüpfung mit dem realen Fußballgeschehen, seien es spezielle Kampagnen rund um aufstrebende Talente oder die formstarken Spieler im Team of the Week. An der Relevanz wird sich unter dem neuen Namen nichts ändern. Vielmehr dürfte Electronic Arts daran gelegen sein, die Inhalte weiter auszubauen. Natürlich werden dabei einmal mehr käufliche Inhalte und das damit verbundene Glücksspiel in die Diskussion geraten – nicht zuletzt aufgrund des jüngsten Gerichtsurteils rund um FIFA-Packs in Österreich.
Relativ gering scheinen die Chancen auf große spielerische Entwicklungen. Der bekannt kräftige Arcade-Einschlag mit rasend schnellen Spielern und wahnwitzigen Dribblings bleibt sicher erhalten, ebenso die allgemeine grafische Inszenierung. Experimente machen generell wenig Sinn, denn am Ende wird Electronic Arts schnellstmöglich klarstellen wollen, dass sich der Name des Spiels geändert hat, nicht aber seine Qualität und Aufmachung.
In diesem Zusammenhang kehren voraussichtlich auch Offline-Modi wie die Liga zurück, weil das von einem Fußballspiel aus dem Hause Electronic Arts schlicht erwartet wird. Damit wäre es vermutlich der einzige Titel, in dem überhaupt noch eine klassische Karriere mit Spielen gegen die CPU steckt. Das könnte ein massiver Pluspunkt sein, denn trotz der FUT-Dominanz gibt es noch immer sehr viele Leute, die ganz entspannt ihren Lieblingsclub zur Meisterschaft führen möchten.
Die offizielle Vorstellung von EA Sports FC soll im Juli erfolgen. Doch schon vorher werden Info-Häppchen die Runde machen. Zutreffende Leaks rund um FIFA, allen voran den FUT-Modus, gehören längst zum Tagesgeschäft. Sie bilden den perfekten Nährboden für allerhand Diskussionen, Theorien sowie Vermutungen – und rühren damit kostenlos die Werbetrommel für EA. Zusammen mit der jahrzehntelangen Erfahrung im Genre und zahlreichen namhaften Partnern steigt EA Sports FC darum ganz bestimmt zum neuen König Fußball auf.
Fazit
Mittelfristig wird sich nichts an den Kräfteverhältnissen im Fußball-Genre ändern. EA behält den Platz an der Spitze bei, dahinter kommt Konamis Free-to-Play-Alternative. Die Neulinge UFL und GOALS zeigen interessante Ansätze, lassen zum aktuellen Zeitpunkt aber noch zu viele Fragen offen und vor allem aussagekräftige Spielszenen vermissen. Doch bei einer positiven Entwicklung könnten beide Titel die etablierten Marken langfristig unter Druck setzen. Es heißt schließlich aus gutem Grund: Konkurrenz belebt das Geschäft. Allein die Aussicht darauf, künftig mehrere Fußballspiele mit unterschiedlichen Ansätzen zocken zu können, ist ein Grund zur Freude. Die Zukunft könnte sehr torreich werden …
Kommentarezum Artikel