Test - Europa Universalis IV : Welteroberung ist kein Kinderspiel

Wenn euch Total War zu lasch ist und Civilization zu simpel, kurz: wenn ihr die ultimative Herausforderung für Hobby-Strategen sucht, dann werdet ihr bei Europa Universalis IV fündig. So komplex und fordernd – allerdings auch kompliziert – war die virtuelle Welteroberung noch nie.

Die Strategiespiele von Paradox spalten die Spielergemeinde traditionell. Für eine stetig wachsende Anzahl von Anhängern gibt es nichts Besseres. Egal ob Hearts of Iron, Victoria, Crusader Kings, Europa Universalis oder eine der anderen Serien der Schweden, die alle auf das gleiche Grundgerüst bauen und sich ähnlich spielen: Es finden sich dutzende Mods und Erweiterungen von Fans, umfangreiche Diskussionen und Erlebnisberichte in den offiziellen Foren, seitenlange Formelsammlungen und Analysen der Spielmechanik. Und in den Ranglisten von Steam halten sich die Titel jahrelang auf den vorderen Plätzen.

Der weitaus größere Teil der Hobby-Strategen steht den Paradox-Spielen allerdings noch immer ratlos gegenüber: So ein Zahlenwirrwarr soll Spaß machen? Mit so veralteter Grafik? Solchen kruden Statistiken? Und derart komplizierter Steuerung? Ja, tut es. Wenn man sich durchbeißt, keine Angst vor dicken Handbüchern hat, die ewig lange Lernphase von 20 bis 30 Stunden in Kauf nimmt und über die durchaus vorhandenen Schwächen hinwegsehen kann, wird man mit einem Strategieepos belohnt, das in puncto Spieltiefe selbst die ehrwürdige Civilization-Reihe in den Schatten stellt.

Weltherrschaft abgesagt

Als Ausgangspunkt wählt Europa Universalis IV das Jahr 1444. In Europa klingt gerade das finstere Mittelalter aus, Amerika harrt noch seiner Entdeckung. In den kommenden Jahren werden zahlreiche technologische Durchbrüche und gesellschaftliche Umwälzungen die Weltkarte durcheinanderwürfeln. Wie diese schließlich anno 1820 aussieht, wenn die Partie endet, hängt maßgeblich von euch ab. Als Herrscher über eines von mehr als 250 historischen Reichen auf der ganzen Welt müsst ihr euer Volk zu Wohlstand und Größe führen – auf militärischem, wissenschaftlichem oder kulturellem Gebiet. Dass ihr euch dabei den kompletten Globus Untertan macht, ist anders als in vielen vergleichbaren Titeln eher unwahrscheinlich. Dazu ist zum einen die Konkurrenz zu groß, zumal sich die Computer-Gegner deutlich cleverer anstellen und aggressiver agieren als etwa im jüngst erschienenen Rome 2.

Zum anderen müssen expansionistische Anführer zahlreiche Hürden überwinden, um ihre Grenzen auszudehnen. Habt ihr zum Beispiel eines der vielen Hundert Gebiete auf der dreidimensionalen, aber nicht drehbaren Weltkarte erobert, müsst ihr es erst einmal befrieden, das heißt die örtliche Kultur und Religion der euren anpassen, da sonst Aufstände drohen – das dauert viele Monate. Ein echtes Spielziel gibt es nicht. Ihr müsst eben so gut abschneiden, wie es die Umstände erlauben. Für ein kleines Fürstentum kann das schlicht bedeuten, einfach nur zu überleben und den Ambitionen größerer Nachbarn Widerstand zu leisten. Für zusätzliche Motivation sorgen diverse dynamisch generierte oder historische Minimissionen, die euch etwa auftragen, eine Flotte zu bilden oder die Wirtschaft in einer eurer Regionen auf Vordermann zu bringen.

Ein König hat's schwer

Als Landesvater müsst ihr euch um fast alle Belange eurer Schützlinge kümmern. Zum Beispiel handelt ihr mit anderen Reichen Verträge aus, bildet etwa Bündnisse, organisiert eine Staatsehe oder stachelt im Geheimen Unruhen an. Ihr gebt auch in der Forschung den Kurs vor und unterstützt sogenannte Große Ideen, die eure Gesellschaft in eine bestimmte Richtung lenken. Beispielsweise könnt ihr eure Untertanen dazu ermutigen, unerschlossene Gebiete zu besiedeln, eine effiziente Verwaltung aufzubauen oder in Seefahrt und Handel zu investieren. Weitere Aufgaben umfassen das Militär, die Innenpolitik, Religion und Bauprojekte. Nicht alle Bestandteile gestalten sich gleich umfangreich.