Special - Trailer statt Gameplay : Wenn das Spiel zur Nebensache verkommt
E3 steht mittlerweile nicht mehr für Electronic Entertainment Expo sondern für kulminierte Hype-Kultur. Publishern geht es nicht mehr darum, ihre Kundschaft vom eigentlichen Spiel zu überzeugen, sondern eine Illusion zu verkaufen, die uns das Gelbe vom Ei verspricht. Auch wir, die Presse, tragen unseren Teil dazu bei, dass diese kalkulierte Vorfreude in euch entfacht wird und euch mitreißt. Wir publizieren Texte über persönliche Wunschvorstellungen, laden Trailer hoch, um sie anschließend als bombastisch oder kinoreif zu bezeichnen. Letztere sind auch dieses Jahr wieder ein Problem, das mich schon lange umtreibt. Zeit, etwas Dampf abzulassen.
Versteht mich nun bitte nicht falsch. Jedem sei die Euphorie gegönnt, die er diesem Medium entgegenbringt. Ich selbst erwische mich immer wieder dabei, wie aufwendig produzierte Trailer mich mitreißen und an die nächste spielerische Offenbarung glauben lassen. Einst ließ ich mich vom ersten Trailer zu Castlevania: Lords of Shadow 2 begeistern. Allein durch die Musik und das angedeutete Aufeinandertreffen von Alucard und Dracula wurde ich angefixt. „Was soll denn da bitte schiefgehen“, redete ich mir ein. Bis mich die finale Veröffentlichung dann eines Besseren belehrte.
Auch diese E3 verleitet mich fast wieder dazu, in den Hype-Zug einzusteigen, auf dem Schoß des Lokführers Platz zu nehmen und „Tschu tschu“ zu schreien. Manchmal passiert das. Und genau darauf zielen Messe und Veranstalter ab. Aufwendig produzierte Trailer sind das ideale Werkzeug, um die Vorstellungskraft in eine bestimmte Richtung zu lenken und nebenbei zum Vorbestellen zu verleiten (doch das ist ein anderes Thema, dessen sich Kollege Ilyass in Kürze annimmt). Das ist sowohl mir als auch euch bewusst. Und genau aus diesem Grund nervt mich diese Mentalität der nicht einhaltbaren Versprechungen.
Was bringt mir denn der erste CGI-Trailer zu einem ReCore oder Dark Souls III? Die einzige Information, die ich aus solch einem Stück Video ziehe, ist, dass diese Spiele existieren. Dazu muss man nicht eine externe Firma beauftragen, die das dann in mühseliger Kleinstarbeit produziert. Einziger Profiteur ist der Publisher selbst, der sich sicher sein kann, dass sowohl Presse als auch Spieler darauf aufmerksam werden und ihre Begeisterung weitertragen. Gerade zur E3, wenn es einzig und allein um Spiele geht, ist diese Vorgehensweise eher die Regel als die Ausnahme.
Ich bin nicht mehr dazu bereit, hinters Licht geführt zu werden. Ich will sehen, wie frisch angekündigte Spiele aussehen, wie sie klingen und wie sie funktionieren. Bethesda hat das zu großen Teilen mit Fallout 4 oder Doom geschafft. Bei einem Dishonored 2 hat man sich dann doch wieder dazu entschieden, einen CGI-Trailer abzufeuern. Ein möglicher Grund könnte sein, dass der Titel selbst noch nicht vorzeigbar war. In diesem Fall würde ich es bevorzugen, wenn man gänzlich von einer Ankündigung absieht.
Jetzt wird der eine oder andere entgegnen, dass eine normale Pressekonferenz nicht ausführlich auf jeden Titel eingehen kann. Das stimmt auch. Ich kann nicht erwarten, dass innerhalb von 90 Minuten sowohl große als auch kleinere Spiele im Detail erklärt werden. Meines Erachtens zeigt einer der größten Verlierer der diesjährigen E3 ganz gut, wie man dieses Problem elegant umgeht. Nintendo hat für sein Digital Event zu Recht viel Schelte einstecken müssen. Doch darum soll es hier nicht gehen.
Man merkt den Japanern deutlich an, dass sie diesen E3-Zirkus entweder nicht verstehen oder ihm sich gezielt widersetzen. Im Gegensatz dazu liefern sie durch Livestreams via Twitch tiefe Einblicke in ihr kommendes Portfolio. Dort wird dann mal am Stück 30 Minuten das neue The Legend of Zelda: Tri Force Heroes vorgestellt, während der eine oder andere Entwickler Einblicke in den Entwicklungsprozess gewährt. Obwohl der Titel während des Digital Events nur für wenige Minuten zu sehen war, bekomme ich nun Informationen, die mir aufgrund des begrenzten Zeitfensters verwehrt blieben. Und je mehr ich davon sehe, umso mehr bin ich von dem Spiel überzeugt.
Ich wünschte, dass Spielehersteller ihre eigenen Produkte wieder ernst nehmen und nicht Inhalte in den Vordergrund stellen, die im Grunde keiner Aufmerksamkeit bedürfen. Zeigt eure Spiele, statt mich in Dauerschleife mit irgendwelchen irrelevanten Trailer zu bombardieren, die am Ende nur falsche Erwartungen wecken und das Bild von dem verzerren, was ihr eigentlich verkaufen wollt. Dann habe ich auch wieder einen Grund, mich auf die nächste E3 zu freuen.
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