Test - Der Herr der Ringe: Die Abenteuer von Aragorn : Massenschlachten für Kinder
- PS3
- Wii
Sobald man Der Herr der Ringe: Die Abenteuer von Aragorn startet, fragt man sich unweigerlich, ob das überhaupt noch ein richtiges „Herr-der-Ringe"-Videospiel ist. Rundliche Knuddelfratzen, farbenfrohe Landschaften und ein überhaupt nicht an die vorherigen Ableger geschweige denn an die Filmtrilogie erinnernder Design-Stil lächeln einen an. Hat sich Warner Bros. mit der kindlichen Ausrichtung ins eigene Fleisch geschnitten?
Alte Kamellen neu erzählt
Die Geschichte spielt 15 Jahre nach der Zerstörung des Ringes. Mittlerweile ist Ruhe eingekehrt in Mittelerde, Aragorn ist zum König gekrönt worden und alles ist eitel Sonnenschein. Da sich König Aragorn für einen Besuch im Auenland ankündigt, berichtet Samwise Gamdschie seinen Kindern von den Abenteuern des kühnen Recken. Aufgelockert werden die Gefechte mit Sequenzen im Auenland, wo ihr in die Rolle von Sams Sohn Frodo Gamdschie schlüpft und Aufgaben für die Dorfbewohner erledigt.
Wer sich nach dem Lesen des Untertitels "Die Abenteuer von Aragorn" auf einen neuen Handlungsfaden mit Rückblenden auf Aragorns Erlebnisse vor der eigentlichen „HdR"-Trilogie gefreut hat, wird leider enttäuscht. Bei dem Ableger handelt es sich um nichts anderes als eine weitere Nacherzählung der allseits bekannten Trilogie, bei der handlungsrelevante Schlüsselszenen ein weiteres Mal nachgespielt werden. Ihr erlebt die Geschehnisse zwar aus der Sicht von Aragorn, allerdings gibt es keine neuen Erkenntnisse über den Waldläufer. Eure Reise führt euch unter anderem zu den Minen von Moria, zum Schicksalsberg und zur Elbenstadt Bruchtal.
Abenteuer für Kinderhände
Es stellt sich die berechtigte Frage, wieso Electronic Arts die „Herr-der-Ringe"-Lizenz offenbar auf diese Weise ausschlachtet. Die Antwort: Weil man eine völlig andere Zielgruppe anpeilt. Statt den Hardcore-Spieler ins Visier zu nehmen, zielt Der Herr der Ringe: Die Abenteuer von Aragorn auf Kinder ab. Das wird nicht nur am farbenreichen Grafikstil sichtbar, der auf die Darstellung von Blut verzichtet und durch seine knallig bunte Optik auf die jüngere Zielgruppe zugeschnitten ist, auch bei den Aufgabenstellungen verhält es sich ähnlich. Über die Standardaufträge im Stile von "Suche Person A" oder "Laufe nach Punkt B" geht das Konzept nicht hinaus. Das ist für Profis auf Dauer schlichtweg zu anspruchslos, lässt Spannung vermissen und wird deshalb schnell langweilig.
An jeder erdenklichen Stelle im Spiel findet man weitere merkwürdige Design-Entscheidungen vor. Als Hauptproblem seien die viel zu simplen Kämpfe genannt. Aragorn teilt mit Schwert und Bogen ordentlich aus, allerdings gibt es keine Höhepunkte und die Kämpfe gegen Gnome, Spinnen und Trolle sind zu anspruchslos, da einfaches Button-Mashing genügt. Das liegt vor allem an ihrer Unfähigkeit, eure Fertigkeiten so richtig auf die Probe zu stellen. Leider scheinen die Gegner nicht über besonders viel Gehirnschmalz zu verfügen. Sie stehen meist regungslos vor euch und warten regelrecht darauf, vermöbelt zu werden. Daran können auch die drei wählbaren Schwierigkeitsgrade nichts ändern, denn selbst auf der höchsten Stufe werdet ihr keine großen Probleme haben. Nur die Endbosskämpfe sind etwas fordernder, da sie euch eine Prise Taktik abverlangen.
Attribute? Brauche ich nicht!
Damit ist das Ende der Fahnenstange aber längst nicht erreicht. Ein weiteres Ärgernis ist die nicht frei schwenkbare Kamera. Wieso, um Himmels Willen, lässt sich die Perspektive nicht per Analog-Stick drehen, sondern hinter Aragorn nur neu zentrieren? Das ist vor allem in den Kämpfen ein Nachteil, da so Zeit verloren geht. Um eure Attribute aufzustocken, greift ihr nicht etwa auf ein Charaktersystem wie in Rollenspielen zurück, sondern müsst Artefakte erwerben. Die Kohle dafür lassen besiegte Feinde zurück oder ihr erhaltet sie im Auenland, indem ihr Aufgaben, wie das Vertreiben von Raben mit eurem Bogen, erledigt. Was in der Theorie gut klingt, stellt sich in der Praxis als nutzlos heraus. Das Aufstocken der Attribute ist wegen der geringen Spielschwierigkeit so gut wie nie nötig.
Zum Schluss noch einige Worte zur audiovisuellen Leistung: Während die Wii-Fassung grafisch in Ordnung geht und dank ihrer knuffig-bunten Landschaften und Charakterausarbeitung ein gewisses Flair versprüht, wäre auf der PS3 definitiv mehr zu erwarten gewesen. Überdies stoßen uns einige Tearing-Probleme, der späte Bildaufbau in der Ferne und die matschigen Bodentexturen sauer auf.
Kommentarezum Artikel