Test - Call of Duty: Modern Warfare : Test: Imposante Rückkehr
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Mit Modern Warfare bestieg Call of Duty vor knapp zwölf Jahren den Thron der Ego-Shooter und verließt ihn seitdem nicht mehr. Allerdings geriet die Serie in den vergangenen Jahren in eine Art Gewohnheitstrott. Infinity Ward fasste sich dieses Jahr ein Herz. Für die Rückkehr von Call of Duty: Modern Warfare hat der Entwickler einiges geplant: Die Rückkehr einer Kampagne, die für Gesprächsstoff sorgen soll, eine komplett neue Grafik-Engine, realistisches Waffenverhalten und der Verzicht auf den Season Pass. Ist Modern Warfare erneut der große Wurf gelungen?
Im vergangenen Jahr verzichtete Entwicklerstudio Treyarch auf eine Kampagne, stattdessen sprang Call of Duty: Black Ops 4 auf den Battle-Royale-Zug auf. Das ging zumindest eine Weile gut, bevor die Welle der Mikrotransaktionen über den Shooter hereinbrach und die Community vor den Kopf stieß. Modern Warfare setzt bei der Einzelspielererfahrung hingegen auf traditionelle Werte und den Season Pass im gleichem Atemzug direkt vor die Tür.
Ihr erlebt die Kampagne aus der Sicht dreier Protagonisten. CIA Operation Officer Alex muss mit ansehen, wie eine Geheimmission aus dem Ruder läuft und Nervengas in die Hände von Terroristen gerät. Später kämpft ihr in seiner Haut im fiktionalen Urzikstan an der Seite von Farah Karim, der Anführerin des örtlichen Widerstands, gegen General Barkov und seine Armee. In zum Teil heftigen Rückblenden erlebt ihr dabei Farahs Leidensweg. Sergeant Kyle Garrick versucht in London einen Terroranschlag zu verhindern und trifft auf Captain Price, der in den meisten Kapiteln an eurer Seite steht. Alle vier besitzen ausreichend Charisma, sodass ihr auch nach dem Abspann noch ihre Namen kennen werdet.
Die Schrecken des Krieges
Bereits im Vorfeld bewarben die Verantwortlichen von Infinity Ward die Kampagne von Call of Duty: Modern Warfare damit, dass auch die schrecklichen Seiten des Krieges gezeigt werden, ihr mit moralischen Grauzonen konfrontiert werdet und der Konflikt nicht einfach in “die Guten gegen die Bösen” eingeteilt werden kann.
Ganz so ausgefeilt und nuanciert präsentiert sich die Geschichte letztendlich nicht. Was aber stimmt: nicht immer tragen eure Gegner leicht zu identifizierende Uniformen, was zumindest dazu führt, dass man vor dem Schuss zunächst kurz überlegt, ob es sich bei dem Ziel um einen feindlichen Soldaten oder einen unschuldigen Zivilisten handelt.
Was die Handlung betrifft, geht Modern Warfare alles andere als zimperlich zur Sache. Allein schon der Anschlag am Piccadilly Circus, bei dem sich Selbstmordattentäter in die Luft sprengen und zahlreiche Terroristen das Feuer auf dem belebten Platz eröffnen, ist schwer verdaubare Kost. Im späteren Verlauf gibt es weitere Momente, die es in dieser Form nicht zwingend gebraucht hätte und für den ein oder anderen möglicherweise eine Grenze überschreitet.
In solchen Momenten kommt kein Spielspaß auf, was aber auch im Sinne der Entwickler ist, wie Narrative Director Taylor Kurosaki im Gespräch erklärt. Im Gegensatz zu “Kein Russisch” (Call of Duty: Modern Warfare 2) oder “Vorsicht an der Bahnsteigkante” (Call of Duty: Modern Warfare 3) steht der Schockwert jedoch nicht im Rampenlicht. Infinity Wards 2019er Version von Modern Warfare scheut nicht vor expliziter Gewalt zurück und zeigt, was für Schrecken, Leid und Furcht Kriege erzeugen, geht dabei aber nicht mehr provokativ geschmacklos vor.
Mehr Realismus, weniger Spektakel
Ganzheitlich betrachtet unterhält die Kampagne auf hohem Niveau, ohne aber zu brillieren. Es dauert sogar ein paar Stunden, bis die Handlung richtig an Fahrt aufnimmt. Versteht mich nicht falsch, jede Mission im neuen Modern Warfare bietet immer wieder neue Gameplay-Momente und wechselt meisterhaft zwischen Bombast und ruhigeren Schleichabschnitten.
Nie kommt das Gefühl auf, dass eine Mission zu lange dauert und dadurch nervt. Es gibt aber auch kein Segment, dass die Kinnlade zum Öffnen bringt, wie zum Beispiel vor zwölf Jahren im originalen Modern Warfare, als ihr in der Haut des jungen John Price im Rahmen der Doppelmission “Gut getarnt” und “Tödliche Präzision” durch Pripjat schleicht. Das Vermächtnis von damals zieht sich quasi durch die ganze Kampagne des neuen Modern-Warfare-Teils, aber es kann nicht für eine erneute Revolution im Missionsdesign sorgen.
Was möglicherweise auch daran liegt, dass das Genre sich in der Zwischenzeit weiterentwickelt hat und mittlerweile zu mehr imstande ist, als seine Spieler einfach nur wild ballernd durch lineare Abschnitte zu schicken. Gleichzeitig sorgt der größere Fokus auf Realismus dafür, dass die übertriebenen Michael-Bay-artigen Momente der Vergangenheit ausbleiben, was ich durchaus begrüße. Es gibt keine wilden Verfolgungsjagden durch die Londoner Metroschächte oder schwerelose Schießereien im Inneren eines abstürzenden Großraumflugzeugs. Der etwas bodenständigere Ansatz von Call of Duty: Modern Warfare sorgt für ein intensives Spielerlebnis, ohne langweilig zu werden. Die wirklich wilden Momente gibt es im neuen Koop-Modus, doch dazu später mehr. Unverständlich ist allerdings, dass ihr auf dem PC die Kampagne nicht offline spielen könnt, sondern immer eine Verbindung mit dem Internet haben müsst.
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