Test - Call of Duty: Black Ops 6 : Test: Die vielleicht beste Kampagne der Reihe
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Die halbherzig hingerotzte Kampagne von Call of Duty: Modern Warfare 3 würden wir wohl alle lieber aus unserem Gedächtnis tilgen. Ganz allgemein überzeugte Activisions Kult-Reihe in den letzten Jahren nicht unbedingt durch Qualitätsware, was den Singleplayer anging. Entsprechend große Hoffnungen liegen auf Raven Software, die mit Black Ops Cold War einen grandiosen Agententhriller ablieferten. Jetzt ist Black Ops 6 da und übertrifft die Erwartungen sogar.
Raven Software nimmt die bewährte Formel von Cold War und erweitert sie für Call of Duty: Black Ops 6 gehörig. Eine so vielfältige Kampagne gab es in der Geschichte der Reihe noch nicht, der serientypische Bombast mit minutenlangen Feuergefechten und riesigen Explosionen wechselt sich gekonnt mit Stealth-Missionen, spannenden Undercover-Einsätzen und richtiggehend überraschend aufgebauten Abschnitten mit Fokus auf Storytelling ab. Als Setting dient der Zweite Golfkrieg, auch als Operation Desert Storm bekannt. Historische Persönlichkeiten fehlen ebenso wenig biologische Waffen, böse Terroristen und Kommunisten. Einfach ausgedrückt: Call of Duty ist sowas von zurück und so gut wie lange nicht mehr.
Abwechslung ohne Ende
Einmal mehr schickt euch Black Ops 6 zu diversen Schauplätzen rund um den Globus. Natürlich verschlägt es euch mehrfach in den Nahen Osten, beispielsweise stürmt ihr einen Palast von Saddam Hussein im Irak, was in den üblichen auf Hochglanz polierten Feuergefechten abläuft. Das Waffenhandling fällt präzise wie immer aus, jede Wumme fühlt sich anders an, Trefferfeedback und Rückstoß bewegen sich auf dem Top-Niveau, das wir von Call of Duty kennen und lieben.
Das im Vorfeld groß beworbene Omnimovement fügt sich so nahtlos ein, dass ich es teilweise fast nicht wahrgenommen hätte. Ihr dürft jetzt in alle Richtungen sprinten, nicht nur nach vorne. Das erlaubt teils waghalsige Manöver, bei denen ihr im Affenzahn um Ecken rennt und den Feinden keine Chance lasst. Oder ihr stürmt in einen Raum, steht einer feindlichen Überzahl entgegen und tretet nach hinten sprintend und aus allen Rohren feuernd den Rückzug an.
Die typischen Gadgets fehlen ebenfalls nicht, eine Betäubungsgranate lockt Feinde an und schaltet sie geräuschlos aus, das explosive ferngesteuerte Auto steht ebenfalls zur Verfügung und ihr dürft sogar ein Wurfmesser via Fernsteuerung zum Ziel führen – genial! Black Ops 6 bietet rein auf mechanischer Seite feinste Shooter-Kost, brilliert aber auch in anderen Bereichen.
Ein Einsatz schickt euch zu einer Spendengala, um ein hochauflösendes Foto der Retina eines US-Senators zu schießen – hier hat sogar Bill Clinton einen Gastauftritt! Ein andermal infiltriert ihr ein italienisches Casino und springt während der Mission zwischen diversen Charakteren hin und her. Ihr spielt mit gezinkten Karten, schleicht euch in den Server-Raum, codiert eine Zugangskarte in einem kleinen Minispiel um, feinste Agentenkost mit James-Bond-Anleihen eben.
An anderer Stelle mutiert die Kampagne von Call of Duty: Black Ops 6 fast schon zu einem Zombie-Shooter, was sich durch die Narrative erklärt und so genial inszeniert ist, dass es vom Stil und Setting fast schon an ein Bioshock erinnert. Ohne zur sehr auf diese explizite Mission einzugehen, sei zumindest Folgendes gesagt: Für mich gehört sie zu den besten Abschnitten, die es jemals in Call of Duty gab.
Keine Chance der Langeweile
Raven Software gelingt nicht nur die Abwechslung im Missiondesign sehr gut, auch das Pacing der Kampagne fällt nahezu perfekt aus. Wann immer das Abenteuer Dauerfeuer in Gefahr lief, zu ermüden, folgte ein Stealth-Abschnitt, von denen es einige gibt, teils mit mehreren Lösungswegen. Wollt ihr beispielsweise einen Hubschrauber einfach mit einer Sprengladung in die Luft jagen oder doch lieber den Treibstoff mit Wasser versehen? Dabei überfordern die Optionen aber nie und offenbaren sich durch die Übersichtskarten in den jeweiligen Missionen sehr eindeutig.
Seid ihr keine Leisetreter, stellt das in den meisten Fällen übrigens kein Problem dar. Fast jede Mission lässt euch auch stumpf alles kurz und klein schießen, versagt ihr beim lautlosen Vorgehen. Nach längerem Herumschleichen findet ihr euch plötzlich inmitten eines Kugelhagels in einem Flughafen wieder, durch den ihr anschließend an Bord eines Panzers rumpelt und das gesamte Gebäude innerhalb weniger Minuten in die Baufälligkeit treibt. Das ist die großartige Popcorn-Action, für die wir Call of Duty lieben.
Im Irak setzen euch die Entwicklerinnen und Entwickler gar eine Mission vor, die an der Grenze zur Open World schrammt. Auf einer vergleichsweise großen Karte lautet eure Mission, für einen SAS-Offizier drei Raketenstellungen auszuschalten. Das erledigt ihr entweder direkt oder geht noch kleinere Nebenaufgaben an und bergt Versorgungskisten oder säubert Terroristenlager.
Ordentlich einen im Turm
Zwischen den eigentlichen Einsätzen verschlägt es euch regelmäßig in einen ehemaligen KGB-Unterschlupf in Bulgarien, der vom Team als „Turm“ betitelt wird. Hier bereitet ihr euch nicht nur auf die nächsten Einsätze vor, es gibt sogar eine Reihe von Rätseln, die eure grauen Zellen nicht übermäßig auf die Probe stellen, aber doch eine nette Abwechslung vom Agenten-Alltag bieten. Die Lösungswege findet ihr in unserem entsprechenden Guide.
Weiter quatscht ihr im Turm mit euren Verbündeten und erfahrt so kleinere Story-Bits und Details aus ihrem Leben. Außerdem gebt ihr in Missionen gefundenes Geld aus, um insgesamt drei Trainingseinrichtungen freizuschalten. Diese gewähren euch Zugriff auf die sogenannten „Operator-Extras“, die ihr vermutlich aus dem Multiplayer kennt.
Mit den gesammelten Moneten schaltet ihr nämlich dauerhafte Upgrades wie mehr Gesundheit, wenig Rückstoß, verringerten Schaden durch Explosionen und vieles mehr frei. Das mag zunächst seltsam anmuten, stellt sich aber als große Hilfe heraus. Denn Call of Duty: Black Ops 6 erweist sich selbst auf dem zweiten der vier Schwierigkeitsgrade als durchaus knifflig. Ihr beißt sicherlich das eine oder andere Mal ins Gras, die Perks erleichtern das Leben auf jeden Fall. Puristen können sie aber auch komplett ignorieren.
Hans Maulwurf und die CIA
Die meiste Zeit verbringt ihr in der Haut von William „Case“ Calderon, dessen Team nach einem schief gelaufenen Einsatz suspendiert wurde. Gemeinsam mit Frank Woods und Troy Marshall taucht er unter, als Gerüchte über einen Maulwurf innerhalb der Organisation die Runde machen. Doch natürlich ist euch nicht nur die CIA selbst auf den Fersen, mit „Pantheon“ erschwert euch auch eine bestens ausgerüstete paramilitärische Einheit das Leben.
So ganz logisch gestaltet sich die Story von Black Ops 6 nicht immer und sie bewegt sich auch bestenfalls auf B-Movie-Niveau, aber machen wir uns nichts vor: Genau dafür lieben wir die Reihe doch! Langjährige Fans freuen sich zudem über die Rückkehr bekannter Gesichter wie der erwähnte Frank Woods oder auch Russel Adler. Mit etwa acht bis zehn Stunden fällt die Kampagne außerdem erstaunlich lange aus, ohne sich dabei zu irgendeinem Zeitpunkt gestreckt anzufühlen.
Lediglich das übergeordnete Thema des Zweiten Golfkrieges hätten die Entwicklerinnen und Entwickler noch ein wenig mehr aufgreifen können. So findet der Konflikt zwar Erwähnung in den teilweise unsagbar gut aussehenden vorgerenderten Zwischensequenzen, spielt aber im Großen und Ganzen keine Rolle. Ihr befindet euch eben auf geheimer Mission und kämpft nicht an vorderster Front, wodurch sich die Frage stellt: Warum Desert Storm überhaupt thematisieren? Meiner Ansicht nach hätte man den Konflikt einfach außen vor lassen und dennoch eine unterhaltsame Agentenstory liefern können.
Auf technischer Seite präsentiert sich Call of Duty: Black Ops 6 teils erstaunlich durchwachsen. Die bisweilen unsagbar stimmungsvollen Spiele mit Licht und Schatten überzeugen noch immer und manche Schauplätze strotzen nur so von Details. Dann gibt es aber oft genug triste Wüstenschauplätze, besonders die erwähnte offen aufgebaute Mission fällt stark ab. Zudem hatte ich auf der Xbox Series X immer wieder seltsame Grafik-Glitches und viele Gesichter sind richtiggehend hässlich und emotionslos.
Beim Sound hingegen gibt es kaum etwas zu meckern. Sämtliche Waffensounds knallen mit sattem Bass aus den Boxen und nicht selten saugt euch der Klangteppich regelrecht ein. Die deutschen Sprecherinnen leisten zumeist einen guten Job, allerdings gibt es einige seltsame Ausnahmen, die entweder mit viel zu wenig oder viel zu viel Emotionen die Immersion brechen. Glücklicherweise passiert das aber nur selten.
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