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Test - Baphomets Fluch Reforged : Test: Dieser Adventure-Klassiker war quasi der Vorläufer von Assassin’s Creed

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Als Baphomets Fluch 1996 erschien, markierte es ein letztes tapferes Röcheln des im Sterben befindlichen Adventure-Genres. Und bildete dennoch erst den Auftakt zu einer mittlerweile fünfteiligen, bald sechsteiligen Serie, deren Anfang nun als liebevoll restauriertes Remake neu aufgelegt wird.

Das Original von Baphomets Fluch erschien 1996 zu einem Zeitpunkt, als die goldene Ära des Adventure-Genres gerade vorbei war. Die CD-ROM als neues Speichermedium hatte ihm zunächst eine glänzende Zukunft verheißen mit hochaufgelöster Grafik, orchestralem Soundtrack und filmreifer Inszenierung. Doch die Spieler waren seiner trägen Spielweise müde, der frustrierenden Rätsel und der langatmigen Dialoge. Sie wandten sich schnellen Actionspielen zu, 3D-Grafik und Reizüberflutung. Lange Zeit galten Adventures als tot, und keine Spielereihe spiegelt diese Entwicklung so unmittelbar wider wie Baphomets Fluch, von der Asche zum Phoenix.

Denn Baphomets Fluch markierte einen strahlenden Ausnahmefall in der Adventuregeschichte zu einem Zeitpunkt, als das Genre bereits im Sterben lag, sich in diesem einen Spiel nochmal zu alter Größe aufbäumte und danach in eine Phase auf der Suche nach einem Neuanfang überging, in der es sich verlor und erst in der Nostalgie wieder selbst finden musste, um Ende der 00er Jahre seine Auferstehung als Vintage-Genre zu feiern.

1997 setzte Teil 2 noch die Tradition des Vorgängers fort, Teil 3 und 4 suchten hingegen vergeblich nach der Frischzellenkur fürs Genre, das nicht mehr fit genug schien für die Zeit von Playstation, 3D-Grafik und Quicktime-Action. 2012 fand Teil 5 dann via Kickstarter zu den Wurzeln zurück. Derzeit befindet sich ein sechster Teil in Entwicklung, der etwas moderner auftreten, dem Stil des Originals aber dennoch treu bleiben soll. Und als Übergang jetzt Reforged, das Remake des ersten Teils. Die zusätzlichen Inhalte des erweiterten Director’s Cut von 2009 fehlen darin übrigens.

Mit den Clowns kamen die Tränen

Wer Mitte der 90er das erste Baphomets Fluch gespielt hat (bzw. Broken Sword, wie es im Original heißt), erinnert sich vermutlich nur noch dunkel daran. Irgendwas mit Tempelrittern, Paris, das Ziegenrätsel, George und Nico, und … das Intro natürlich! Das stellte seinerzeit nichts weniger als eine Sensation dar und dürfte maßgeblich zu dem Stellenwert beigetragen haben, den Baphomets Fluch heute in der Adventure-Geschichte als einer seiner wichtigsten Einträge einnimmt.

Niemand, der Baphomets Fluch gespielt hat, wird ihn vergessen haben: den Kameraschwenk über das Panorama von Paris, dem Vogel folgend bis zum Eiffelturm am Horizont, in dem die malerische Ansicht der französischen Metropole wahnsinnig geschickt die Perspektive und den Fluchtpunkt verfälscht, sodass das simple Verschieben der gezeichneten Ebenen tatsächlich so wirkt, als drehe jemand den Kopf zur Seite. Schlicht atemberaubend sah das aus! Und dann der Tusch, während der Titel des Spiels eingeblendet wird, in dem ein ganzes Orchester aufspielt und nicht bloß die piepsigen Syntheziser-Chips, die man bisher in Adventurespielen gewohnt war – das war seinerzeit einzigartig für ein Videospiel, das war wahrhaft erhebend. Dutzende Male habe ich mir das damals angeschaut.

Ein Amerikaner in Paris

Es folgte die Einführung, die ebenfalls unvergesslich ist, weil sie wie ein richtiger Zeichentrickfilm wirkte: die Szene, in der der amerikanische Tourist George Stobbart knapp dem Bombenanschlag eines Clowns in einem Pariser Café entgeht und dadurch zusammen mit der Fotoreporterin Nicole Collard in ein Abenteuer nach Art von Indiana Jones schlittert. Das waren keine pixeligen Sprites, die vor groben Hintergründen in Sprechblasen ihren Berufswunsch formulierten, Pirat zu werden, das war richtiges Kino! Das war wie ein Disney-Film zum Mitspielen. Zumindest bildete man sich das dankbar ein.

An den Rest des Spiels erinnert man sich vermutlich nur noch schemenhaft. Baphomets Fluch blieb in erster Linie für seinen Zeichentrickstil in Erinnerung, der seinerzeit etwas völlig Neuartiges in Videospielen darstellte und heute zum Standardrepertoire vor allem von Indiespielen gehört.

Und selbst dieser hat in den 28 Jahren seit der Veröffentlichung stark gelitten und diverse Stadien der Verklärung und Verzerrung durchlaufen. Als mir Charles Cecil, Schöpfer der Reihe, auf der Gamescom vor einem Jahr erste Bilder aus dem Remake zeigte, tat er dies mit den Worten: „Lass mich raten: Das ist Baphomets Fluch, wie du dich daran erinnerst.“ Zweifellos. Genau so sah das Spiel in meinem Gedächtnis aus: die detailliert gemalten Hintergründe mit ihren gezeichneten Figuren in knalligen Signalfarben und schwarzen Cel-Shading-Umrandungen darauf. „Aber das ist das Remake“, löste Cecil auf.

Der Screenshot aus dem Original, den er im Anschluss daran zum Vergleich aufrief, hatte so gar nichts mit meiner Erinnerung zu tun: Die groben Pixel und verwaschenen Objekte der damals als hochauflösend empfundenen SVGA-Auflösung quadratischer Röhrenmonitore könnten kaum weiter entfernt liegen von der Pracht, die Augen von heute von modernen 4K-Fernsehern gewohnt sind.

Auf paradoxe Weise macht Baphomets Fluch Reforged daher weniger den Eindruck einer modernen Neuinterpretation des Klassikers, sondern vielmehr der Erfüllung oder Auffrischung einer Erinnerung, die mit der Realität nichts mehr gemein hat. Aber das ist den Entwicklern überaus gelungen. Die Hintergründe wurden unter Rückgriff auf die Originalzeichnungen komplett neu, aber liebevoll werkgetreu erstellt. Künstliche Intelligenz sorgte zudem dafür, dass dabei nun Details hervortreten, die damals noch nicht angedacht waren oder verwirklicht werden konnten, in heutigen 4K-Standards aber notwendig wurden. Zudem mussten viele Schauplätze von der damaligen 4:3-Abmessung an aktuelle 16:9-Formate angepasst werden, was so gut geglückt ist, dass man dem Eindruck verfällt, sie seien schon immer so gewesen.

Selbst bei der Nutzerfreundlichkeit machten sich die Entwickler etliche kluge Gedanken, das Spielerlebnis modernen Gewohnheiten anzupassen, insbesondere bei der Steuerung, deren Point-n-Click-Ursprünge mit dem Mauszeiger nur krückenhaft auf die Gegebenheiten eines Controllers übertragbar sind, wie insbesondere die Konsolenumsetzungen der Daedalic-Adventures regelmäßig vor Augen führen.

Doch auch darüber hinaus sind den Entwicklern bei Revolution Software so einige clevere Ideen zur Usability eingefallen, dass man sich wünscht, sie wären Adventure-Machern schon vor Jahren gekommen: So werden Hotspots in mittelbarer Nähe zum Mauszeiger stets hervorgehoben, was das viel gescholtene Problem des „Pixel-Huntings“ damaliger Adventures nahezu eliminiert, bei dem winzige Gegenstände im Kuddelmuddel der Kulisse schnell mal übersehen wurden.

Auch verfügt das Spiel nun über eine intelligente Hilfefunktion, die den Spieler durch dezente Hinweise immer dann automatisch in die richtige Richtung lotst, wenn er mal eine Weile nicht weiter weiß. „Adventures waren ursprünglich mal die ersten cozy Games, lange bevor es diesen Begriff überhaupt gab“, erklärte mir Charles Cecil die Idee dahinter auf besagter Gamescom vor einem Jahr. Eine Aussage, die ich einerseits nachvollziehen kann, berücksichtigt man ihr gemütliches Spieltempo, die fehlende Aufgeregtheit und ihren Anspruch seit den Zeiten der LucasArts-Klassiker, nichts wirklich falsch machen zu können.

Andererseits widersprach ich dieser Feststellung damals vehement, fällt doch kaum ein anderes Genre derart harcore und frustrierend aus, weil das Spiel immer erst dann weiter geht, wenn einem genau die Lösung einfällt, die es vorgesehen hat. Steht man auf dem Schlauch, läuft dieser genau wie die Nerven des Spieler voll, bis er platzt. Zumindest in dieser Hinsicht ähneln Adventures gar vielmehr den Souls-like-Spielen, die ebenfalls vor den Triumph stets den Schmerz des unüberwindbar scheinenden Hindernisses setzen. Mit seiner Hilfefunktion darf sich Baphomets Fluch Reforged aber nun tatsächlich als womöglich erstes cozy Adventure der Point-n-Click-Geschichte bezeichnen. Oldschool-Spieler dürfen sie auf Wunsch aber natürlich auch ausschalten.

Hat Dan Brown etwa Baphomets Fluch gespielt?

Vor allem aber auch mit seiner Geschichte ermöglicht nun das Remake von Baphomets Fluch eine spannende spielehistorische Neubewertung vor dem Hintergrund späterer Entwicklungen, die zu seiner Erstveröffentlichung noch nicht absehbar waren. Denn schon sieben Jahre vor Dan Browns „Da Vinci Code – Sakrileg“ und elf Jahre vor dem ersten Assassin’s Creed erzählte es vom Konflikt zwischen den Geheimbünden der Tempelritter und Assassinen, die im Verborgenen nach der Weltherrschaft streben.

Offenbar hatte Charles Cecil schon Jahre vor Dan Brown und Patrice Désilets die Standardwerke zum Thema, „Alamut – ein Roman aus dem alten Orient“ von Vladimir Bartol und „Das Foucaultsche Pendel“ von Umberto Eco gelesen und sich von diesen zu den heute angesagten Verschwörungsmythen inspirieren lassen – und jene womöglich gar mitbegründet. „Dan Brown behauptet zwar, Baphomets Fluch nie gespielt zu haben“, erzählte er mir mal zerknirscht, „aber das glaube ich ihm nicht.“ Was Assassin’s Creed angeht, so könnte Baphomets Fluch problemlos im selben Universum spielen oder ihm gar als Prequel dienen, so deutlich fallen die Parallelen aus.

Blöde Ziege

All die beschrieben Punkte haben dazu beigetragen, dass Baphomets Fluch heute in einem Atemzug mit den ganz großen Klassikern des Genres genannt wird, mit Monkey Island, Indiana Jones und Leisure Suit Larry. Das eigentliche Spiel, an das sich im Gegensatz zu seinem Zeichenstil und dem Templer-Mythos heute kaum mehr jemand im Detail erinnert, vermutlich aber weniger.

Denn das wurde schon damals reichlich überschätzt. Baphomets Fluch war ein hochwertig erstelltes Qualitätsprodukt, zweifellos, das mit seiner filmreifen Inszenierung und der frustbefreiten Machart den Massenmarkt ansprechen sollte zu einer Zeit, als Adventures aufgehört hatten, ein Genre für die Massen zu sein. Doch im Bestreben, sich möglichst vieler Ecken und Kanten zu entledigen, trat es im gleichen Schritt recht glattgebügelt und weichgespült auf.

Die Geschichte kommt nur schleppend voran und tut sich vor allem durch umständliche Erklärungen ihrer Zusammenhänge hervor, während das eigentliche Geschehen recht ereignislos vor sich hin plätschert. Zumal es zwar ähnlich wie die Indiana-Jones-Filme eine mythologische Schnitzeljagd um die halbe Welt beschreibt – von Paris geht es in Abstechern auch nach Irland, Spanien und Syrien –, dabei aber weder dessen mitreißendes Abenteuer entfachen kann, noch und vor allem aber nicht ihre geschickte Verzahnung von Realität und Mythos, die einem für den Moment zumindest erfolgreich die Einbildung verschafft, das alles könnte doch tatsächlich genau so wahr sein.

Wo das Intro noch den filmreifen Charakter der Erzählweise behauptete, schildert sich der Rest seiner Handlung ausschließlich in langatmigen Dialogen strammstehender Trickfiguren, die den Hauch eben genau jener biederen Groschenromane verströmen, deren Konventionen Indiana Jones und Umberto Eco lediglich als Hommage anriefen, um ihre wahre Natur als Zitatespiel geschickt in der Schwebe zu lassen.

Ähnliches lässt sich über die Rätsel des Spiels sagen, die ebenfalls höchst konventionellen Mustern folgen und sich darin auffallend häufig ähneln: Ständig müsst ihr irgendetwas basteln, mal einen Schlüssel aus Gips nachmachen oder eine brüchige Wand mit einem Haken an einer Winde einreißen. Macht euch auch einfach mal den Spaß und zählt mit, wie oft ihr eine Person ablenken müsst: den Concierge von der Hotelrezeption, die Putzkraft im Krankenhaus, den Gärtner vor der Villa, den Wachtmeister im Café, die Ziege im Burghof … Wirklich in jedem einzelnen Kapitel mindestens ein Mal!

Denn sowieso apropos Ziege: Wenn ein Rätsel dann in Ausnahmefällen mal einen Hauch origineller und um die Ecke gedacht ist, dann auf eine eigensinnig spröde Weise, die dem sogenannten „Ziegenrätsel“ einen regelrechten Legendenstatus in der Spielegeschichte einbrachte und dergestalt gar in den geflügelten Sprachschatz von Adventure-Fans einging, wo es als Synonym für störrisches Rätseldesign gilt.

Das alles macht Baphomets Fluch beileibe zu keinem schlechten Spiel. Aber zu einem, das ganz und gar Kind seiner Zeit war und daher im Rückblick betrachtet eben vor allem wegen seiner außergewöhnlichen Präsentation für Aufsehen sorgte, in der heutigen Genrelandschaft jedoch nur noch als eines unter vielen wahrgenommen würde. Die liebevoll erstellte Reforged-Version ist dennoch die ideale Gelegenheit, sich genau diesen verklärten Erinnerungen heute erneut zu stellen und sie gegebenenfalls einer Neubewertung zuzuführen. Oder einen Klassiker der Spielegeschichte erstmals zu erleben und sich eine eigene Meinung über ihn zu bilden. Viel Spaß! Denn den kann man durchaus noch damit haben.

Baphomets Fluch Reforged - Trailer zum Remake des Adventure-Klassikers

2024 kehrt der Adventure-Klassiker Baphomets Fluch als komplett überarbeitetes Remake zurück.

Greift zu, wenn...

… ihr eure verklärte Erinnerung an einen kompetenten, aber leicht überschätzten Klassiker der Spielegeschichte in einer liebevollen Neuauflage testen wollt.

Spart es euch, wenn...

… ihr bei langatmigem Spielfluss und spröden Rätseln einschlaft.

Fazit

Matthias Grimm - Portraitvon Matthias Grimm
Liebevoll restaurierte Neuauflage eines Adventure-Klassikers, dessen stilbildende Inszenierung schon seinerzeit manche Langatmigkeit geschickt übertünchte

Baphomets Fluch zählt zu den Klassikern des Adventuregenres und wird häufig in einem Atemzug mit Monkey Island, Day of the Tentacle und Leisure Suit Larry genannt. Verantwortlich für diesen Status zeichnete vor allem seine damals stilbildende Präsentation, die seinen Spielern erfolgreich Glauben machte, einen interaktiven Zeichentrickfilm zu spielen.

Diesen Stil überführt die liebevoll restaurierte Überarbeitung des Remakes kompetent in die hochauflösende Gegenwart moderner 4K-Grafikpracht, in der das Spiel genau so wirkt, wie man es heute noch in Erinnerung hat – und nicht so grob und pixelig, wie es wirklich war.

Kluge Quality-of-Life-Verbesserungen wie eine intelligente Rätselhilfe und eine clevere Hotspot-Funktion sorgen außerdem dafür, dass man sich solcherlei Unterstützung rückblickend schon in so mancher Konsolen-Umsetzung von Point-n-Click-Adventures, etwa denen von Daedalic, wünscht und sich die mitunter sperrigen Rätsel frustbefreit im Umfeld moderner cozy Games verflüchtigen.

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Aus heutiger Perspektive, 28 Jahre nach der ursprünglichen Veröffentlichung, erweist sich zudem als interessant, dass Baphomets Fluch den Verschwörungsmythos um Templer und Assassinen bereits deutlich vor Dan Browns „Da Vinci Code“ und Assassin’s Creed thematisierte und damit allein schon aus medienhistorischer Sicht ein spannendes Bindeglied zwischen diesen und ihren gemeinsamen Vorlagen „Das Foucaultsche Pendel“ und „Alamut – ein Roman aus dem alten Orient“ bildet.

Gleichzeitig führt das Remake aber umso deutlicher vor Augen, dass das Original schon damals mit seiner virtuosen Inszenierung lediglich geschickt manche Holprigkeit im Rätseldesign verschleierte und auch in seiner Geschichte bei genauerer Betrachtung reichlich langatmig, bieder und bräsig auftrat. Wer seine verklärte Erinnerung daran an der Wirklichkeit überprüfen will, der erhält mit der Reforged-Version von Baphomets Fluch jetzt eine Gelegenheit, wie man sie sich nur wünschen kann.

Überblick

Pro

  • liebevoll und kompetent restaurierte Version eines Spiele-Klassikers
  • ordentliches Adventure-Game mit ca. 10 Stunden Spieldauer
  • stilbildender Zeichentrick-Look
  • kluge Quality-of-Life-Verbesserungen
  • deutsche Original-Vertonung
  • Verschwörungs-Story à la Assassin’s Creed und Dan Brown

Contra

  • bisweilen langatmige und schwafelige Erzählweise
  • leidlich originelle und mitunter sperrige Rätsel

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