Test - ArmA 3 : Ruckelnd durch die Pampa
- PC
Schon seit geraumer Zeit gibt es die Militärsimulation ArmA 3 vom tschechischen Entwicklerstudio Bohemia Interactive auf Steam zu kaufen. Zwar befand sich das Spiel zu der Zeit nur in der Alpha- beziehungsweise Betaphase, konnte aber durch Steam Early Access trotzdem erstanden werden. Nun ist es endlich so weit. Der Nachfolger von ArmA 2, dem komplexen, aber beliebten Militär-Shooter, mit dem wir die ebenfalls sehr beliebte Modifikation DayZ spielen konnten, bekommt grünes Licht und verlässt die Betaphase.
Doch die anfängliche Freude über die Veröffentlichung dürfte sich bei vielen Neukäufern schnell gelegt haben. Da mag die riesige offene Welt, die aus zwei Inseln mit insgesamt 290 Quadratkilometern besteht, noch so einladend wirken. ArmA 3 ist immer noch eine Beta und sollte nicht als Vollversion angepriesen werden. Es gibt kaum Unterschiede zur Betaversion, im Gegenteil. Spieler berichten sogar von schlechteren Spielerfahrungen, wie zum Beispiel neuen Fehlern, Abstürzen, Lags, drastischen Leistungseinbrüchen im Mehrspieler und der unterirdischen Optimierung des Spiels. Auch wir hatten mit all diesen Problemen zu kämpfen und sind der gleichen Meinung wie die wütenden Fans. ArmA 3 hätte in dem Zustand nicht veröffentlicht werden sollen.
Die Community macht das schon!
Als wäre dies nicht schon schlimm genug, fehlt es ArmA 3 momentan überdies an Spielinhalten, vor allem im Einzelspielerbereich. Was eigentlich noch zu verschmerzen wäre, da das Spiel von vornherein auf den Mehrspieler ausgelegt wurde. Doch wenn dieser so gut wie unspielbar ist, bleibt nicht mehr viel übrig außer ein paar sogenannte Showcase-Missionen, die verschiedene Spielmechanikelemente vorstellen und als Tutorial dienen. Wer mehr will, kann auch Herausforderungen abschließen wie den Schießstand, viel mehr gibt es nämlich nicht. Die Kampagne soll nachgeliefert werden, wie Bohemia Interactive bereits vor über einem Monat offiziell bekannt gegeben hat. Es wurde sogar zugegeben, dass der Einzelspielermodus aus Zeitgründen gestrichen werden musste und in Form von drei kostenlosen Episoden erscheinen wird, wovon die erste Anfang Oktober verfügbar sein soll.
Zwar könnt ihr versuchen, ein paar Einzelspielermissionen, die von anderen Spielern erstellt wurden, aus dem Steam Workshop herunterzuladen, aber diese Zusatzinhalte stammen nicht vom offiziellen Entwickler und lassen sich nur schwer bewerten. Diese Szenarios werden von kreativen Spielern mit dem mächtigen Editor erstellt, der zwar viele Möglichkeiten bietet, doch nur überholte Modding-Werkzeuge beinhaltet. Momentan ist ArmA 3 nur eine Plattform, ein Gerüst, das von einer aktiven Community mit Mods, Szenarios und Add-ons versorgt werden soll. Die Arbeit bleibt an den verzweifelten Spielern hängen, die die Last eines unfertigen Spiels tragen sollen, so scheint es.
Fans von ArmA werden da vermutlich widersprechen und einen Spruch aufsagen, der zu Verteidigung dieser Spielereihe schon oft aufgesagt wurde. "Spiele von Bohemia Interactive sind wie Wein und werden mit der Zeit besser", lautet dieser. Nun, diese Spieler haben nicht unbedingt unrecht. Auch ArmA 2 hatte am Anfang mit vielen Problemen zu kämpfen und hat sich zu dem entwickelt, was es nun ist.
Ungeschliffener Diamant
Unter all den Problemen versteckt sich nämlich ein großartiges Konzept. Vor allem die Showcase-Missionen zeigen die Stärken von ArmA 3. Hier bekommt ihr den Realismus und die Fähigkeit des Spiels, ein Gefecht zu simulieren, zu spüren. Das Spielprinzip funktioniert so, wie es auch in echten Schlachten zugehen würde: langsam und bedächtig. Dadurch kommt die Authentizität erstklassig rüber und entfaltet dazu noch durch die Geräuschkulisse und die realistische Grafik ein beklemmendes Kriegsklima. Auch die Auswahl der Waffen mit vielen Modifikationen und deren Schussgeräusche sind fantastisch. Wenn die Kugeln durch die Luft pfeifen, fühlt ihr euch tatsächlich bedroht, da dies so realistisch klingt wie in den verrückten Helmkameravideos echter Soldaten. Leider hört der positive Abschnitt des Spiels mit den Vehikeln wieder auf. Hier habt ihr zu wenig Auswahl, die Fahrzeuge ähneln sich sehr stark und die Kollisionsabfrage ist fragwürdig.
Um aber überhaupt in den Genuss von den oben genannten Pluspunkten zu kommen, müsst ihr euch durch Menüs aus der Hölle quälen, die so verschachtelt und kompliziert sind, dass es sich fast schon lohnt, das über 170 Seiten lange Tutorial zu lesen. Einsteigerfreundlichkeit sieht anders aus. Auch das Interface im Spiel ist überladen mit Informationen, die es zu entziffern gilt. Wer deswegen mal einen Blick in die Steuerung werfen will, um herauszufinden, wie man nun in ein Fahrzeug einsteigt oder die Karte liest, wird von unzähligen Tastaturkürzeln überrollt. Man möchte meinen, dass zwei Tastaturen zum Spielen benötigt werden.
Ihr merkt schon, dieses Spiel ist nur was für Hardcore-Fans oder Shooter-Enthusiasten, denen es nicht komplex und realistisch genug sein kann. ArmA 3 ist nun mal kein Battlefield oder Call of Duty, will es aber auch gar nicht sein - und das ist gut so. Denn nur dadurch hat sich die Spielreihe ihre Fans gesichert, die mal wieder auf die Barrikaden gehen, da ihr Lieblingsspiel unter seiner eigenen Komplexität leidet.
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