Test - Alien: Isolation : Die Summe aller Ängste
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Das Alien: nachtschwarze Bestie, entsprungen aus den wilden Fantasien des umstrittenen Schweizer Künstlers H. R. Giger. Es erweckt Urängste, ist ein perfekter Organismus und geboren, um zu töten. Die zahlreichen sexuellen Anspielungen in Design und Funktion des Xenomorphs beschäftigen Soziologen und Filmhistoriker seit vielen Jahren. Amanda Ripley ist das alles freilich egal. Auf der Suche nach Antworten auf den Verbleib ihrer Mutter ist ihr nur eines wichtig: überleben.
Allein im All
Angenommen, ein euch nahestehender Mensch wäre plötzlich verschwunden und ihr hättet nach 15 langen Jahren die Chance, das Rätsel seines Verbleibs zu lösen. Würdet ihr nicht auch Kopf und Kragen riskieren? Amanda Ripley zögert keine Sekunde, als sie erfährt, dass auf der Raumstation Sevastopol der Flugschreiber der Nostromo geborgen wurde. Jenes Frachtkreuzers, den ihre Mutter Ellen einst als einzige Überlebende verlassen und ins All jagen konnte. Bei der Ankunft auf der Sevastopol wird Amandas Team ungewollt getrennt und sie stellt schnell fest, dass hier Plünderer und brutale bürokratische Androiden nur das geringere Übel sind.
Wer den Film von Ridley Scott aus dem Jahr 1979 kennt und schätzt, wird schnell feststellen, dass sich die Entwickler hinsichtlich Stil und Atmosphäre sehr deutlich an diesem Meilenstein des Sciene-Fiction-Horrors orientierten. Man merkt, dass Creative Assembly Zugang zu mehreren Terabytes an zum Teil unveröffentlichtem Archivmaterial hatte. Retrofuturismus sah nie besser aus. Neben den vielen Details wie Schreibtischdekorationen oder authentischen Toneffekten beim Benutzen eines Terminals sind es vor allem die tollen Licht- und Partikeleffekte, die den Streifzug durch die Nekropole zu einem visuellen Erlebnis machen. Einzig das ziemlich starke Kantenflimmern und nicht immer überzeugende Charaktermodelle stören das wie aus einem Guss wirkende optische Gesamtbild.
Geliebter Feind
Doch so ansehnlich die Sevastopol auch ist, der Star des Spiels ist zweifellos das Alien. Ein einziges Exemplar dieser bizarren Gattung von Weltraummonster reicht vollkommen aus, um euch in ein konstantes Stadium der Anspannung und Angst zu versetzen. Gerade zu Beginn des Spiels wird der Xenomorph sehr mit Bedacht eingesetzt. Eine gute Entscheidung, denn so sind die Auftritte des bissigen Hünen stets ganz besondere Momente, die euch den Atem stocken lassen. Ein Fehler und das war's. Mitleid kennt das Alien nicht. Sollte es euch aufspüren, weil ihr zu unvorsichtig, ungeduldig oder laut wart, gibt es kein Entrinnen vor dem Ladebildschirm.
Ein im Vorfeld oft geäußertes Bedenken betraf die mögliche Vorhersehbarkeit der Alien-Begegnungen, was einen raschen Spannungsabfall zur Folge hätte haben können. Man mag so manches Mal glauben, das Bewegungs- oder Erscheinungsmuster des Aliens entschlüsselt zu haben, und sieht sich doch stets getäuscht. KI-Aussetzer des ultimativen Raubtiers kommen aber leider auch vor. So entdeckte es uns während des Tests zwei-, dreimal nicht, obwohl es das eigentlich hätte tun müssen. Es besteht jedoch nie Zweifel daran, wer hier Jäger und wer Gejagter ist. Dass diese Passagen dennoch nicht in Trial and Error abdriften, ist ein großes Verdienst des Spiels.
Hilfe in der Not
Töten könnt ihr das Alien nicht. Dennoch stehen euch einige Hilfsmittel zur Verfügung, die das Überleben zumindest ein wenig einfacher machen. Wichtigstes Utensil ist der Motion Tracker, der nicht nur anzeigt, wenn eine Bedrohung in unmittelbarer Nähe ist, sondern auch die grobe Richtung zum nächsten Zwischenziel deutet. Aber Vorsicht: Der Xenomorph kann das penetrante Piepen des Trackers hören und euch daher auch dann aufspüren, wenn ihr euch in einem vermeintlich sicheren Versteck in einem Spind oder unter einem Bett befindet.
Laute Töne könnt ihr mit dem Geräuschmacher produzieren. Besonders praktisch ist das, wenn ihr euch menschlichen Gegnern gegenüberseht. Werft den Geräuschmacher in Richtung Feind und beobachtet, wie das Alien den Rest erledigt. Als nützlich erweisen sich auch Blendgranaten, Molotow-Cocktails und natürlich Medipacks. Alle Verbrauchsgegenstände fabriziert ihr aus verschiedenen Komponenten, die ihr überall auf der Station in Kisten, an Leichen oder auf Werktischen findet. Zuvor solltet ihr allerdings den jeweiligen Bauplan aufgespürt haben. Der Cursor-Bereich, in dem ihr mit Gegenständen interagieren oder sie aufsammeln könnt, ist leider etwas zu klein geraten, was vor allem in heiklen Situationen zu Problemen führen kann.
Von Tür zu Tür
Alien: Isolation besitzt ein recht enges Level-Korsett. Enge Korridore und Wartungsräume bestimmen die Szenerie. Fast immer habt ihr ein klar definiertes Ziel und folgt dem Schema „Gegenstand A öffnet Tür B“. Das heißt nicht, dass es keine lohnenden Abzweigungen und Alternativrouten gäbe, doch lotst euch das Spiel immer in die Richtung, in die es euch haben will. Oft müsst ihr Hacking-Minispiele lösen, um Türsperren zu umgehen. An den zahlreichen Terminals finden sich neben Zugangscodes auch Audio- und Textdokumente, die die etwas banale und ein wenig schwunglos erzählte Story des Spiels ergänzen. Eine echte Überraschung samt Schauplatzwechsel hat Creative Assembly aber dann doch noch auf Lager.
Das Spiel unternimmt große Anstrengungen, euch unter Dauerstress zu setzen und dabei vergessen zu lassen, dass ihr es nur mit einem Videospiel zu tun habt. Umso ärgerlicher sind einige Logikfehler, die am Lack des schönen Scheins kratzen. In einem Abschnitt werdet ihr etwa damit beauftragt, auf einer Krankenstation nach einem Medipack für eine schwer verletzte Angestellte des ominösen Weyland-Yutani-Konzerns zu suchen. Dass Ripley ihre eigenen Heilmittel basteln kann, wird dabei ignoriert. Auch der Lärm, den die Heldin beim Betreten und Verlassen von Verstecken erzeugt, passt nicht zur Glaubwürdigkeit, die Alien: Isolation vermitteln will.
Habt ihr die Kampagne abgeschlossen, bietet der Überlebensmodus weiteren Nervenkitzel. Verschiedene Level lassen sich hier mit unterschiedlichen Charakteren bestreiten und auf Zeit spielen. Nach einer kurzen Ausrüstungsphase müsst ihr unter zusätzlichem Druck verschiedene Ziele erfüllen. Das Alien wirkt hier noch garstiger als im Hauptspiel, was aber auch der hektischen Natur des Modus geschuldet sein kann.
Auf einen Mehrspielermodus haben die Entwickler komplett verzichtet. In unseren Augen war das die richtige Entscheidung. Die Versionen für Xbox 360 und PlayStation 3 konnten wir uns ebenfalls anschauen. Grafisch müssen hier natürlich Abstriche in Kauf genommen werden, vor allem was die Detailfülle und Effekte angeht. Auch sind Kantenflimmern und Tearing noch ein ganzes Stück stärker als auf den neuen Konsolen. Darunter leidet im Endeffekt auch ein wenig die Atmosphäre. Spielerisch konnten wir hingegen keine Unterschiede ausmachen.
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