Test - 1954 Alcatraz : Überhasteter Ausbruch
- PC
Joe hat es satt, weiter im Gefängnis zu versauern: Er will ausbrechen, hier und heute. Seine Frau Christine soll dabei helfen und nebenbei seine gut versteckte Beute ausfindig machen, weshalb ihr beide Charaktere in 1954 Alcatraz steuert. Was in der Preview noch nach einem guten Adventure aussah, entpuppte sich in der fertigen Version jedoch als Sammelsurium vergeudeter Chancen.
Ein Ausbruch will gut geplant sein: Im Knast befragt der inhaftierte Joe den alten Haudegen Hank, der bereits mehrere Fluchtpläne vollständig ausgearbeitet, aber niemals einen umgesetzt hat. Ein kaputtes Fenster in der Klinikstation soll als Weg in die Freiheit dienen. Doch wie kommt Joe dorthin, wenn er gar nicht krank ist?
Christine hat ebenfalls Sorgen, denn sie muss einerseits Joes Beute aus einem Überfall finden und sich andererseits den Geldeintreiber Mickey vom Leib halten. Zum Glück hat nicht nur das Protagonistenpärchen Dreck am Stecken, sondern praktisch alle Bewohner von North Beach. Deshalb lösen die beiden so manches Problem wahlweise durch diverse “Gefälligkeiten” oder pure Erpressung.
Guter Start, enttäuschender Verlauf
Wie bereits in der Vorschau geschrieben ist 1954 Alcatraz halb Ausbruchsdrama und halb Film noir. Gerade am Anfang kommt Atmosphäre auf, wenn Joe die Einzelheiten von Hanks Plan prüft und Christine mit ihrem zwielichtigen Umfeld kommuniziert. Doch im Laufe des Spiels wird die Handlung immer lücken- und sprunghafter. Habt ihr anfangs noch das Gefühl, ein richtig komplexes Spiel vor euch zu haben, werdet ihr umso enttäuschter sein, wenn nach vielleicht sechs bis sieben Stunden das Ende über den Bildschirm flimmert. In den letzten Szenen müsst ihr zudem so gut wie gar nichts mehr machen, außer den einen vorhandenen Gegenstand an einer mehr als offensichtlichen Stelle zu benutzen oder alle möglichen Dialogoptionen auszuprobieren.
Das folgende Beispiel zeigt darüber hinaus, inwiefern die Entwickler ihre Geschichte nicht richtig durchdacht haben: Um Zugang zu einem von der Polizei gesperrten Café zu erlangen, müsst ihr das Schloss der Vordertür knacken. Ihr werdet dabei von einem Detective beobachtet, der euch sogleich mit auf sein Revier nimmt und dort verhört. Entpuppt sich bereits der folgende Dialog als bemerkenswert unspannend, schüttelt ihr den Kopf, wenn ihr merkt, dass das besagte Café fortan geöffnet bleibt und nicht gleich wieder von der Polizei verschlossen wird.
All das ist umso tragischer, weil das Spiel bis zum Mittelteil einige gute sowie logisch durchdachte Rätsel vorweist. Ihr könnt viele Probleme in einer variablen Reihenfolge angehen und fast das gesamte Spiel über beliebig zwischen Joe und Christine wechseln, was das Design schön verzweigt erscheinen lässt.
Kleine Entscheidungen, in denen ihr ansatzweise den Verlauf der Geschichte ändert, sorgen für Abwechslung. Doch verschenkten die Entwickler das Potenzial, mehrere relevante Abspanne zu fertigen. Letztlich gibt es gerade mal zwei Enden, die sich verteufelt ähneln und zudem viel zu kurz geraten sind.
Lücken in der Präsentation
Neben der missglückten Anspruchskurve, die fällt statt steigt, wirkt das gesamte Spiel unfertig. An den von uns angesprochenen Mängeln der Preview-Version, dass beispielsweise die eine oder andere Aktion gar nicht gezeigt, sondern nur durch kurzes Einblenden eines schwarzen Bildschirms angedeutet wird, hat sich rein gar nichts geändert.
Der Soundtrack klingt zwar durchaus passend, kommt aber nur selten zum Einsatz. Einzig die Sprachausgabe hinterlässt einen guten Gesamteindruck.
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