Preview - Red Dead Redemption 2 : Erstmals angespielt: Ein Meisterwerk, wie nur Rockstar es kann
- PS4
- One
Endlich lüftet Rockstar Games den Mantel des Schweigens: Nachdem Red Dead Redemption 2 bislang ausschließlich in ein paar Trailern zu sehen war und sogar auf E3 und Gamescom lediglich durch Abwesenheit glänzte, durften wir nun einen ausführlichen Blick darauf werfen und es sogar zwei Stunden anspielen. Was wir dabei erlebt haben, erfahrt ihr auf den folgenden Seiten.
Die erste Szene, die unsere Anspielsitzung einleitet, weckt sofort nostalgische Erinnerungen an den ersten Teil von Red Dead Redemption, der immerhin schon über acht Jahre her ist. Bei einem Überfall der Van-der-Linde-Gang wurde John Marston schwer verletzt. Mit blutverschmiertem Gesicht liegt er auf einer Pritsche im Lager der Outlaw-Bande. Eine tiefe Schnittwunde ziert seine Wange. Offenbar werden wir in RDR2 erfahren, wie er zu der markanten Narbe kam, die wir aus dem Vorgänger kennen.
Denn obwohl der Nachfolger die Nummer 2 im Titel trägt, erzählt er die Vorgeschichte zum ersten Teil, ist somit ein lupenreines Prequel. Wir spielen jedoch nicht John Marston selbst, sondern ein anderes Mitglied derjenigen Gang, an der wir im ersten Spiel Rache üben mussten. Arthur Morgan lautet sein Name und wurde vom Anführer der Bande, Dutch, persönlich einst unter seine Fittiche genommen.
Dutch bildet das erzählerische Zentrum von Red Dead Redemption 2. Der charismatische Kopf der Gang ist weit mehr als ein gewöhnlicher Krimineller, der sich mit seinen Raubüberfällen lediglich bereichern will. Wie uns Rockstar erklärt, stellt er vielmehr den schöngeistigen Gentleman-Dieb dar, der seine Verbrechen als eine anarchistische Botschaft und als Protest gegen das Establishment der Reichen und Korrupten verstanden wissen will.
Die Grafik holt alles aus aktuellen Konsolen heraus
Man mag es kaum glauben, aber obwohl sich die aktuelle Konsolengeneration bereits allmählich ihrer Dämmerung entgegen neigt, ist Red Dead Redemption 2 tatsächlich das erste richtige „Next Gen“-Spiel von Rockstar Games. Trotz ihres gigantischen Erfolges waren die PS4- und Xbox-One-Fassungen von GTA 5 bekanntlich „nur“ das Remaster eines Spieles aus der vorherigen Generation. Dass sich Rockstar damit so lange Zeit gelassen hat, ist dem Spiel von der ersten Sekunde an anzusehen. Mittlerweile wissen die Entwickler einfach, wie man das Letzte aus den Konsolen herausholt.
Als wir gemeinsam mit unseren Bandenkameraden aus dem Schutze unseres Verstecks auf einem verschneiten Berg aufbrechen zu unserem ersten Überfall – ein Eisenbahnraub, wie sich später herausstellen wird – erstarren wir förmlich angesichts der Schönheit der Natur beim Blick ins Tal. Das, was Red Dead Redemption 1 schon so unnachahmlich zu inszenieren wusste wie kein anderes Spiel, wird auch den Nachfolger zum Atemräuber machen: beeindruckende Landschaft und Weite und dazu das Licht, das diese mit einem Zauber übersieht, wie es nur die Natur selbst hervorbringt.
Die Sonnenstrahlen schneiden sich durch das Geäst der Bäume und lassen den Schnee glänzen und glitzern wie kleine Kristalle. Dynamisch berechnete Wolken ziehen auf und vorüber und tauchen die Szenerie abwechselnd in malerische Freundlichkeit und schattige Düsternis, als wollten sie drohendes Unheil ankündigen. Und diese Bäume erst! Im Gegensatz etwa zu den Copy-&-Paste-Palmen von Assassin's Creed Origins wirkt jeder einzelne anders als der nebenstehende: der eine knorrig und schief, der andere majestätisch, der nächste von den Kräften der Natur in Mitleidenschaft gezogen usw.
In der Ferne sehen wir, wie Nebel im Tal aufsteigt, die Wolken an den Hügeln hängen bleiben und sich allmählich aufstauen, bis ein Gewitterschauer hernieder bricht, uns die Sicht raubt und den Schnee um die Ohren bläst. Und dann natürlich diese Postkarten-Sonnenauf- und untergänge, die in gewisser Weise zum Markenzeichen von Red Dead wurden und trotz ihrer dynamisch berechneten Beschaffenheit schöner ausfallen, als es die meisten Entwickler mit skriptgenauer Inszenierung zustande brächten.
Das letzte große Ding
Wir erreichen die Bahngleise, die wir sprengen wollen, um den nahenden Zug auszurauben. Wie so häufig in solcherlei Geschichten soll es das „letzte große Ding“ werden, das zu Ruhm und Reichtum verhilft, aber dann furchtbar schiefgeht und einen unausweichlichen Strudel der Ereignisse lostritt. So auch hier: Der Zünder versagt. Der Zug droht zu entkommen. Also nichts wie hinterher und von der Brücke direkt aufs Dach des fahrenden Zuges springen.
Red Dead Redemption 2 inszeniert diese ikonische Westernszene, wie man es von Rockstar erwartet: actionreich und rasant. Waggon für Waggon ballern wir uns an die Spitze des Zuges durch. Dabei kommt zum ersten Mal der Dead-Eye-Modus zum Einsatz, den wir schon aus den Vorgängern kennen: Per Knopfdruck aktivieren wir die Bullet-Time-Zeitlupe, in der wir unsere nächsten Schüsse gezielt setzen, bevor sie automatisch ausgeführt werden. Das Dead Eye lässt sich in vier Stufen nach und nach „leveln“, verraten uns die Entwickler. Während wir anfangs lediglich die zu treffenden Stellen markieren können, zeigt uns das Spiel später bei höherem Level automatisch kritische Trefferzonen an, die direkt zum One-Kill führen.
Das Glück dieser Erde ...
Auf ähnliche Weise lassen sich sämtliche Fertigkeiten unseres Charakters nach und nach verbessern: Je öfter wir eine bestimmte Waffe verwenden, umso geübter und damit zielgenauer werden wir damit, je mehr wir Ausrüstung und Heilutensilien craften, umso geschickter gelingt das, je mehr wir reiten, umso inniger wird die Beziehung zu unserem Pferd. Ähnlich wie in den Elder-Scrolls-Spielen.
Wie für ein Wildwest-Spiel naheliegend, spielt Letzteres, die Beziehung zu unserem Pferd, eine wichtige Rolle in Red Dead Redemption 2. Die Entwickler sprechen gar davon, es bilde die „Erweiterung unseres Charakters“. Wenn wir es hegen und pflegen, regelmäßig streicheln, bürsten und füttern, bauen wir mit der Zeit eine engere Freundschaft zu ihm auf. Auf diese Weise reagiert es weniger störrisch, erhält neue „Moves“ wie eine Vollbremsung und kann mehr Last tragen. Denn das Pferd dient nebenbei auch als „Inventar“, in dem wir all die Waffen und Ausrüstungsgegenstände verstauen, für die in der aktuellen Mission kein Platz mehr in unseren Holstern und Taschen ist.
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