Test - inFAMOUS: First Light : Durch die Nacht mit: Neon
- PS4
Herunterladbare Zusatzinhalte haben im Videospielkosmos einen umstrittenen Ruf. Das Paradebeispiel: die Pferderüstung aus The Elder Scrolls: Oblivion. DLCs galten als ideales Mittel, um die Spielerschaft möglichst effizient und ohne großen Kostenaufwand zu melken. Dass dieser Umstand nicht mehr die Regel ist, zeigen Spiele wie Red Dead Redemption, GTA IV, Mass Effect oder zuletzt The Last of Us. Alle genannten Titel erhielten tolle Zusatzinhalte, die das Hauptspiel sinnvoll erweiterten und dadurch einen Mehrwert boten. Entwickler Sucker Punch möchte diesen Positivtrend fortsetzen und mit inFAMOUS: First Light nicht nur das eigentliche Spiel erweitern, sondern auch Fans der Serie eine neue Facette bieten.
In inFAMOUS: First Light wird die Geschichte von Abigail Fetch Walker erzählt, die wir bereits vom Hauptspiel kennen. Die Handlung ist zwei Jahre vor den Geschehnissen von inFAMOUS: Second Son angesiedelt und thematisiert Fetchs Vergangenheit und die Beziehung zu ihrem Bruder. Wir lernen, dass Fetch wegen ihrer Neon-Superkraft an unkontrollierbaren Anfällen leidet und, damit einhergehend, unbewusst ganze Landstriche verwüstet.
Ihr Bruder war bisher die einzige Person, die solche Katastrophen verhindern konnte. Da die Handlung jedoch eine gewisse Spannungskurve und ein Motiv benötigt, kommt es, wie es kommen muss: Fetchs Bruder, der keinerlei Superkräfte besitzt, wird von zwielichtigen Gangstern entführt, sodass wir uns auf den Weg machen, ihn zu befreien.
Damsel in Distress
In der Hinsicht verschenkt die Handlung viel Potenzial. Gerne hätten wir uns von der Dynamik zwischen Fetch und ihrem Bruder Brad selbst überzeugt. Mit einem Zweiergespann wäre Entwickler Sucker Punch zudem in der Lage gewesen, neue Missionsansätze und Spielmechaniken auszuprobieren. Stattdessen müsst ihr eine Reihe von Missionen absolvieren, um das Schicksal von Brad zum Guten zu wenden. Tatsächlich hört sich das im ersten Moment negativer an, als es eigentlich ist. Die inFAMOUS-Serie war nie für eine außergewöhnlich spannende Handlung bekannt. Stattdessen brillierten stets das Superheldenszenario und das unfassbar befriedigende Spielgefühl – und wenn First Light eines kann, dann euch das Gefühl zu geben, ein verdammter Superheld zu sein.
Großen Anteil daran hat die Neon-Superkraft, die bereits im Hauptspiel auswählbar war und uns mit Abstand am meisten zusagte. Neon ermöglicht Fetch, in Lichtgeschwindigkeit durch Seattle zu rennen und Gegner mit Neon-Projektilen zu bekämpfen. Wie wir bereits im Test zu Second Son anmerkten, macht es unheimlich viel Spaß, mit der Neon-Superkraft durch Seattle zu rennen, fliegen oder springen. Es entsteht ein richtiger Flow, wenn ihr die Steuerung und ihre Möglichkeiten verinnerlicht und diese voll ausschöpft. Mit dem Zusatzinhalt wird dieser Effekt von kleinen Neon-Feldern verstärkt, die ihr überall auf der Karte findet. Rennt ihr mit Lichtgeschwindigkeit durch diese Felder, erhaltet ihr einen zusätzlichen Boost und könnt noch schneller laufen und noch weiter springen.
Der absolute Adrenalin-Kick
So fällt es auch nicht negativ auf, dass im Vergleich zum Hauptspiel nicht sonderlich viel Neues geboten wird. First Light ist im Grunde purer Fan-Service, der neue Sammelobjekte und Mininebenmissionen beinhaltet. Die sogenannten Lumen sind beispielsweise über die gesamte Karte verteilt und dienen als Fertigkeitenpunkte. Habt ihr eine gewisse Anzahl an Lumen gesammelt, könnt ihr sie für die Charakterentwicklung nutzen und neue Fertigkeiten freischalten.
Darüber hinaus könnt ihr Geiseln befreien, neue Spray-Motive kreieren und Lumen-Wettrennen austragen. In diesen müsst ihr einen der unzähligen Orbs fangen, um Extra-Lumen abzustauben. Gleichzeitig gibt es ein Dutzend Herausforderungen, die euch beispielsweise eine bestimmte Anzahl von Knock-outs vorgeben. Habt ihr das geschafft, regnet es ebenfalls Fertigkeitenpunkte, die in die Charakterentwicklung investiert werden.
Die Intention dieses Systems ist schnell durchschaut: Der Spieler soll möglichst oft belohnt werden, um die Neon-Superkraft voll auszuschöpfen. Glücklicherweise funktioniert dieser Ansatz tadellos, sodass wir es kaum erwarten konnten, die nächste Fähigkeit freizuschalten, um noch kraftvoller durch Seattle zu fliegen. Der Nachteil ist jedoch, dass die Herausforderung stetig abnimmt und ihr nach einigen Upgrades bereits so mächtig seid, dass die Gegner im weiteren Verlauf der Handlung kein Problem mehr darstellen. Des Weiteren wurde im Vergleich zum Hauptspiel an der Kartengröße getrickst, sodass euch nur noch ein großes Stadtgebiet zur Verfügung steht. Wollt ihr zum nächsten Gebiet fliegen, weist euch das Spiel nicht gerade zimperlich darauf hin, schleunigst wieder umzukehren.
Wellenritt in Neon
Dafür wurde dem Zusatzinhalt jedoch ein komplett neuer Herausforderungsmodus spendiert, der mit zwei Modi und drei verschiedenen Schwierigkeitsgraden daherkommt. In „Überleben“ wird euch eine Gegnerwelle nach der anderen serviert, die es mit euren diversen Neon-Fähigkeiten auszumerzen gilt. Euer Multiplikator steigt hierbei proportional zu den erledigten Gegnern.
In „Geiseln retten“ ist der Name Programm – ihr müsst Geiseln retten und gleichzeitig eine unendliche Zahl an Gegnerwellen abwehren. Auch hier gilt wieder die Multiplikatorregel: Je mehr Gegner aus dem Spiel genommen und Geiseln gerettet werden, desto höher der Multiplikator und die Punktzahl. Beide Modi machten zunächst einen durchwachsenen Eindruck, ehe sie uns mit ihren süchtig machenden Multiplikatoren und ihrem knackigen Schwierigkeitsgrad komplett für sich einnahmen.
Für Besitzer des Hauptspiels wurde zudem eine kleine Dreingabe in Form von Hauptcharakter Delsin vorbereitet. Sie können den Hauptcharakter aus Second Son im Herausforderungsmodus als spielbaren Charakter auswählen und dabei als guter oder böser Delsin auftreten. Interessant ist an dieser Stelle, dass First Light komplett auf das Karmasystem verzichtet. Da dieses Spielelement nie sonderlich herausstach, fiel uns die Wegrationalisierung der Funktion nicht sonderlich negativ auf. Also: Alles richtig gemacht, liebe Sucker-Punch-Entwickler!
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